Kassel: Stadtgeschichte

Bereits zu den Zeiten der Römer wurde das Gebiet um das heutige Kassel vom germanischen Stamm der Chatti bzw. Catti besiedelt. Diese hatten eine Burg errichtet, das Castellum Cattorum. Im Jahre 913 wurde der Königshof Kassel, der an der Stelle des späteren Stadtschlosses stand, zum ersten Mal erwähnt. Sein Name (damals Chassalla bzw. Chassella) ist auf zwei Urkunden vermerkt, die der deutsche König Konrad I. erstellt hatte. Dieser Königshof entwickelte sich ab 1143 zur Residenz des ludowingischen Grafen Heinrich Raspe II. von Hessen.

Der Herrscher gründete zusammen mit seiner Mutter Hedwig von Gudensberg in den Jahren zwischen 1140 und 1148 auf dem Ahnaberg ein Stift des Prämonstratenserordens. Das Kloster Ahnaberg wurde schon bald nach der Gründung gemeinsam mit Königshof und einer Siedlung mit einer Mauer umgeben.
Ein Dokument aus dem Jahre 1189 erwähnt für Kassel das Stadtrecht. Es ist allerdings unklar, seit wann genau die Stadt dieses Recht besessen hat.

Der Landgraf Heinrich I. von Hessen baute nach der endgültigen Loslösung Hessens von Thüringen im Jahre 1277 Kassel weiter aus. Die Stadt fungierte bereits unter ihm als Residenz und Hauptstadt der Landgrafschaft Hessen. Unter Heinrich entstand auch die Kasseler Neustadt.

Die Bedeutung Kassels und die Einwohnerzahl wuchsen weiter an, so dass der Landgraf Heinrich II. um 1330 die Stadt um die so genannte Freiheit erweiterte. In den folgenden Jahren begann man auch mit dem Bau der Martinskirche, welche später zum geistigen Zentrum Hessens werden sollte.

Die drei Teile Kassels – Altstadt, Neustadt und Freiheit – blieben bis 1378 selbstständig. Doch in jenem Jahr wurden sie zu einem einzigen Gemeinwesen vereint.

Die Reformation griff in Kassel mit dem Jahre 1527 ein. In deren Folge kam es zur Auflösung der Klöster und Stifte der Stadt . Ehrgeizigster Förderer des reformatorischen Gedankens war der Landgraf Philipp der Großmütige, der Kassel zu einer der bedeutendsten Festungen des Schmalkaldischen Bundes ausbauen ließ. Jener protestantische Bund musste indes im Jahre 1547 eine verheerende Niederlage gegen den Kaiser Karl V. (1500-1558) erleben. Darauf wurde Kassel besetzt und die städtische Befestigung teilweise zerstört. Philipp geriet in Gefangenschaft, konnte aber nach seiner Freilassung im Jahre 1552 Kassel wieder herstellen und 1557 mit einem breit angelegten Neubau des alten Schlosses beginnen.

Der Tod Philipps im Jahre 1567 zieht den so genannten Vierbrüdervergleich nach, in dessen Folge das hessische Territorium in vier Teile spaltet. Es entstehen die Landgrafschaften Hessen-Kassel, Hessen-Marburg, Hessen-Rheinfels und Hessen-Darmstadt. Ab 1604 gab es nur noch Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt.

In der Regierungszeit des Landgrafen Wilhelm IV. wird nicht nur der unter Philipp begonnene Neubau des Landgrafenschlosses vollendet, es entstehen auch viele Großbauten wie bspw. das Kanzleigebäude, der Marstall oder das Zeughaus. 1605 wurde unter Wilhelms Nachfolger Landgraf Moritz dem Gelehrten das Ottoneum gegründet. Auch entstand die Ritterakademie. 1685, im Jahre des Edikts von Fontainebleau, kamen ungefähr 1.700 Hugenotten (= französische Calvinisten) nach Kassel und wurden hier vom Landgraf Carl freundlich aufgenommen. Für sie ließ er die Oberneustadt errichten.

1714 können zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt die heute so berühmten Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe stattfinden. Im selben Jahr wurde auch der Bau des Hekules abgeschlossen, welcher heute mitsamt dem Oktogon unumstrittenes Wahrzeichen Kassels ist. 1767 wird der Festungsgürtel um Kassel geschleift, wobei unter dem Landgrafen Friedrich II. Oberneustadt und Altstadt durch den Königsplatz sowie den Friedrichsplatz miteinander verbunden wurden.

1803 wurde die einstige Landgrafschaft Hessen-Kassel zum Kurfürstentum Hessen erhoben. Deren Hauptstadt war (weiterhin) Kassel. Das Kurfürstentum hörte mit der französischen Besatzung im Jahre 1806 zwar auf zu existieren, konnte aber bereits 1813 wieder mit der alten und neuen Haupt- wie Residenzstadt Kassel eingerichtet werden.

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine Zeit, in welcher berühmte Künstler, Wissenschaftler und Denker in Kassel wirkten. Zu ihnen gehörten etwa die Gebrüder Grimm, der Freiherr von der Malsburg, Adolf von Menzel, Achim von Arnim und Clemens Brentano. Am Hoftheater arbeiteten die besten Musiker der Zeit wie Louis Spohr oder Otto Nicolai, und am Kasseler Polytechnikum fungierten Größen wie Heinrich Buff, Friedrich Wöhler und Robert Bunsen.

Die im Jahre 1831 unter Wilhelm II. verabschiedete Verfassung der Stadt, die ab 1833 um den neuen Friedrich-Wilhelms-Stadtteil erweitert wurde, war eine der fortschrittlichsten im ganzen Lande. Seit 1848 besaß Kassel die Eisenbahnstrecke. Diese verlief zwischen Kassel und Grebenstein. Preußen besetzte im Jahre 1866 das Kurfürstentum Hessen und vereinigte es mit dem Herzogtum Nassau sowie der Freien Reichsstadt Frankfurt zur Provinz Hessen-Nassau. Kassel wurde Hauptstadt eines Regierungsbezirkes und blieb Sitz des jetzt preußischen Landkreises Kassel, verlor indes die Funktion einer Residenzstadt.

Zwischen 1891 und 1918 fungierte Kassel als Sommerresidenz des Deutschen Kaisers und führte wieder den alten Titel Haupt- und Residenzstadt. Im selben Zeitraum wurde Kassel mit mehr als 100.000 Einwohnern auch zur Großstadt.

Nachdem Adolf Hitler im Jahr 1933 Reichskanzler geworden war, wurde Kassel noch im gleichen Jahr zur Gauhauptstadt des NSDAP-Gaues Kurhessen. Zwei Tage vor der Reichspogromnacht in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in Kassel neben der Synagoge auch andere jüdische Einrichtungen zerstört. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Stadt mit schwersten Zerstörungen. 1943 wurde die Innenstadt durch britische Luftbombardements fast vollständig zerstört. Etwa 10.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Zwei Jahre später ergab sich die Deutsche Wehrmacht in Kassel der US-amerikanischen Armee.

Das neue Land Hessen bestand nach dem Kriege aus der Provinz Hessen-Nassau. Die weiterhin kreisfreie Stadt Kassel fungierte als Sitz des Regierungsbezirks und des Landkreises Kassel. Seit 1953 ist die Stadt auch Sitz des Bundessozialgerichts. Kassels im Zweiten Weltkrieg zerstörte Innenstadt wurde nicht wieder aufgebaut und „erstrahlt“ heute durch Vertreter der typischen Architektur der 1950er Jahre.

Im Jahre 1970 fand in Kassel das erste deutsch-deutsche Treffen auf Regierungsebene statt, als Willi Stoph, der stellvertretende Vorsitzende des Staatsrats der DDR, auf den Bundeskanzler Willy Brandt traf. Und 1981 fand in Kassel zum zweiten Mal die Bundesgartenschau statt. Das erste Mal wurde dieses Großereignis in Kassel 1955 begangen, im gleichen Jahr also, wie die documenta, die weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Seit 1999 führt Kassel offiziell den Beinamen documenta-Stadt.

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