Klassizismus

Allgemeiner Überblick
Die Stilrichtung des Klassizismus entwickelte sich auf Grund der Sehnsucht nach einem natürlichen Dasein und schlichteren Formen in der Kunst im ausgehenden 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Seinen Höhepunkt erreichte der Klassizismus in der Zeit zwischen 1770 bis 1830/1840 und löste damit die vorangehende Stilepoche des Rokokos ab.

Vorbild dieses Stils war die klassische griechische Antike mit ihren Tempelbauten aber auch die italienische Frührenaissance übte einen gewissen Einfluss aus. Die Zeit des Klassizismus ist geradezu geprägt von einer ideologischen Begeisterung. Es lassen sich daher Parallelen zwischen Künstlern und Philosophen der Aufklärung und des Idealismus erkennen. Auch waren Geisteswissenschaften und Bildung sowie erzieherische Kunst wichtige Aspekte für die allgemeine klassizistische Gesellschaft.

Der Stil des Klassizismus lässt sich als eine Reaktion auf die reiche und ornamentale Kunst des Rokokos verstehen. Angeregt durch wissenschaftliche Studien der antiken Kunst bildete sich ein Stil heraus, der sich durch klare Linien sowie einfache Formen und Gliederung hervorhebt. Die Vorliebe für eindrucksvolle, schlichte Grundformen zog gewisse Stilprinzipien nach sich. Stereometrische und geometrische Formen wie Dreieck, Quadrat, Kreis, Kugel und Pyramide bildeten die Grundformen der klassizistischen Architektur, Skulptur und Malerei. Es handelt sich beim Klassizismus letztendlich um einen Stil des Nachahmens antiker Vorbilder.

Die eindrucksvolle Architektur des Klassizismus eignete sich besonders für Repräsentanzbauten, wie Kirchen, Triumphbögen, Stadttore und Museen.

Der symbolischen, repräsentativen Bedeutung kam im Klassizismus mehr Bedeutung zu, als der bloßen Nützlichkeit eines Bauwerks.

Hinweis
Während der Klassizismus sich zum Ziel gesetzt hatte, die Antike wieder aufleben zu lassen, waren sich die Vertreter des Neoklassizismus darüber im Klaren, dass kein bruchloses Wiederaufleben der Antike möglich ist.
Eine Spielart des Neoklassizismus ist der Monumentalismus, der in den Plänen Hitlers zur neuen deutschen Hauptstadt "Germania" eine Pervertierung fand

Napoleon I. (1769 -1821) kann als Leitfigur des französischen Klassizismus genannt werden. Er ließ zahlreiche klassizistische Bauwerke in Paris, aber auch in seinem übrigen Machtbereich errichten. In diesem Sinne gilt die Architektur des Klassizismus als politisches Propagandaprogramm. Die napoleonische Macht sollte nicht zuletzt in den soliden Bauwerken verdeutlicht und verewigt werden.

Jedoch entstanden klassizistische Monumentalbauten und Stadtplanung auch in vielen anderen Städten Europas. Es wurden häufig klassizistische Alleen mit Plätzen und Triumphbögen angelegt sowie Kirchen, Paläste, Theater und Villen in dem neuen Stil gebaut.

Stilprägende Bauten
Das Vorbild der klassizistischen Architektur waren vor allem die griechischen Tempel der Antike. Zur Zeit des Klassizismus wurden zahlreiche Bauwerke, wie Paläste, Parlamentsgebäude, Kirchen, Rathäuser, Siegesdenkmäler und Stadttore in Anlehnung an die längst vergangene Epoche gebaut. Stilprägend für den Klassizismus ist besonders der Drang nach Monumentalität, Prunk und Größe. Beliebt war der von Säulen getragene Kuppelbau oder die Tempelfront mit dem typischen Dreiecksgiebel, dem Tympanon.

Christliche Kirchen
, die nach Vorbildern antiker Tempel errichtet wurden, weisen anstelle der heidnischen Götter im Frontgiebel, Christusdarstellungen auf, wie beispielsweise die St.-Madeleine in Paris (1807 begonnen). Auch das Pantheon in Paris (1756-1790), eine Ruhmeskirche der französischen Nation, wurde mit klassizistischen Bauformen, wie einen von Säulen umgebenden Kuppelbau und einer von Säulen getragenen Dreiecksfront als Eingangsportal, errichtet.

Am Beginn der Champs-Elysées in Paris ließ Napoleon das Stadtwahrzeichen und Siegesdenkmal Arc de Triomphe errichten. Dieser, für den Klassizismus typische Triumphbogen, der an die antiken römischen Triumphbögen der Imperatoren anknüpft, ist in seinen Proportionen, mit 49 m Höhe und 45 m Breite, regelrecht übersteigert.

Auch in Polen, Finnland, Russland, Griechenland, Österreich und Dänemark entstanden stilprägende Beispiele des Klassizismus.

Es lassen sich hier die Vor Frue Kirk in Kopenhagen, die protestantische Hauptkirche mit einem Tonnengewölbe in Anlehnung römischer Basiliken, nennen sowie das Parlament in Wien, das in der Form eines griechischen Tempels errichtet wurde.

Auch in der amerikanischen Hauptstadt Washington baute man klassizistisch nach europäischem Vorbild, wie das US- Parlamentsgebäude, das Kapitol (1793 begonnen) zeigt.

Klassizistische Architektur in Deutschland
In Deutschland gelten Berlin und München als die Hauptstädte des Klassizismus. Für den preußischen Stil zählten übersichtliche Gliederungen und Symmetrie sowie monumentale Größe.

Als Beispiel hierfür kann das Brandenburger Tor genannt werden, das den Gästen die Hauptstadt Berlin als eine fortschrittliche und zukunftsorientierte europäische Hauptstadt vorstellen sollte.

Das Brandenburger Tor, das Wahrzeichen Berlins, wurde als Nachfolgebau eines 1734 errichteten Stadttores als Teil der Zollmauer erbaut an der Straße nach Brandenburg an der Havel erbaut.

Die Anweisung zum Bau des Tores erfolgte durch den Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. (1744-1797).

Das Tor wurde unter der Leitung von Carl Gotthard Langhans (1732-1808) in den Jahren 1788 bis 1791 errichtet. Es sollte an den unter Friedrich II., der Große (1712-1786), geführten 7-jährigen Krieg, auch als 3. Schlesischer Krieg (1756-1763) bekannt, erinnern.

Der Bau wurde in Anlehnung an die Propyläen in Athen im frühklassizistischen Stil errichtet.

Das Tor besteht aus Sandstein und ist 26 m hoch, 65,5 m breit und besitzt eine Tiefe von 11 m. Im Jahr 1793 wurde das Tor durch die 5 m hohe Siegesgöttin Nike bzw. Victoria, die auf einem Vierspänner (Quadriga) in die Stadt hineinfährt, gekrönt.
Die Quadriga wurde von Johann Gottfried Schadow (1764-1850) 1793 gestaltet.

Nach dem Einmarsch Napoleons in Berlin, ließ er die Quadriga im Jahr 1806 nach Paris abtransportieren. Und erst 1814 nach dem Einmarsch Blüchers in Paris wurde sie, in Einzelteile zerlegt, mit Hilfe von Pferdefuhrwerken (Kutschen) wieder nach Berlin zurückgebracht. Daher stammt der noch heute verwendete Begriff "Retourkutsche". Von den in den 1860er Jahren abgerissenen Stadttoren blieb das Brandenburger Tor als einziges stehen. Übrigens durften bis zur Abdankung des letzten deutschen Kaisers nur Mitglieder der kaiserlichen Familie sowie deren Gäste durch den Mittelteil des Tores fahren.
In Erinnerung bleibt bis heute der riesige Fackelzug der SA am 30. Januar 1933 anlässlich der NS-Machtergreifung durch das Tor.

Zu den stilprägenden Bauten Berlins zählt zudem die Neue Wache, die eine gedrungene dorische Ordnung aufweist.

Die Idee von Ordnung und Sicherheit, die in dem Bauwerk verwirklicht wurde, kommt dem Charakter der damaligen Wache, wie der heutigen Verwendung als Mahnmal zugute.

Das Alte Museum in Berlin (von Schinkel erbaut) knüpft mit seinem zentralen Kuppelsaal, welcher die Sammlung antiker Skulpturen beherbergt, an das römische Pantheon an.

Typisch klassizistisch ist die halbkreisförmige Kassettendecke, mit der Lichtquelle in der oberen Mitte.

In München betätigte sich der Bayernkönig Ludwig I. (1786-1868) als Mäzen für Kunst und Kultur. Er berief zahlreiche Künstler und Architekten nach München und ließ Bauten im klassizistischen Stil errichten.

Die Glyptothek am Königlichen Platz, das Museum für die griechische Skulpturensammlung Ludwigs I., weist den klassizistisch monumentalen Charakter auf. Das symmetrische Bauwerk mit dem Eingang in der Mitte des Baukörpers besitzt eine monumentale Giebelfront, die von acht ionischen Säulen getragen wird.

Das klassizistische Stadttor Propyläen in München wird von zwei monumentalen Türmen zu beiden Seiten eingerahmt. Ein relativ flacher, tempelartiger Bau in der Mitte, mit dorischen Säulen und Dreiecksgiebel steht in Anlehnung an das Propyläen in Athen, das Tor zu einem heiligen Bezirk der Akropolis.

Als Mahnmal nationaler Größe wurde die Ruhmeshalle Walhalla von Ludwig I. in Auftrag gegeben. Die von Säulen umgebene Halle mit dreieckigem Giebeldach wurde, hoch über der Donau, bei Regensburg errichtet. Sie lehnt sich architektonisch deutlich an die Akropolis in Athen an.


Marmorpalais in Potsdam
Im Potsdamer "Neuen Garten" - am Heiligen See - wurde das Palais unter Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) zwischen 1787 und 1792 im Stil des Frühklassizismus errichtet. Die Architekten waren Carl von Gontard - und ab 1789 Carl Gotthard Langhans.

Das zweigeschossige Anwesen besteht aus rotem Backstein und besitzt einen quadratischen Grundriss. Auf dem Dach des Gebäudes befindet sich eine Art Rundtempel. Der Heilige See liegt zwischen der Berliner Vorstadt im Osten und der Nördlichen Vorstadt im Westen.
Seine maximale Länge und Breite betragen 1,3 km bzw. 300 m - bei einer Fläche von ha.

Vertreter der klassizistischen Architektur
Einer, der führenden europäischen Vertreter des Klassizismus war der deutsche Archäologe und Kunstgelehrte Johann Joachim Winckelmann (1717-1768). Er lebte ab 1755 in Rom, wo er seit 1763 Aufsicht über die Altertümer in Rom wie auch im römischen Umland hatte. Sein Hauptwerk "Geschichte der Kunst des Altertums", das 1764 erschien, gilt als Begründung der modernen Archäologie. Winckelmann gilt als geistiger Vater des Klassizismus.

Als einer der bedeutendsten klassizistischen Architekten zählt der Deutsche Karl Friedrich Schinkel (1781-1841). Er schuf zahlreiche Bauwerke in Berlin, wie die Neue Wache (1816/17), das Schauspielhaus (1818-1821), das Alte Museum (1822-1828), die Werdersche Kirche (1825-1828), die Nikolaikirche in Potsdam (1830-1837) und betätigte sich zudem als Lehrer und Theoretiker.

Der deutsche Architekt Gotthard Langhans (1732-1808) baute zwischen 1788 bis 1791 in Berlin das Brandenburger Tor, als neue Stadtgrenze mit Nebengebäuden für die Torwächter.

Leo von Klenze (1784-1864), der bayrische Hofarchitekt und ein Hauptvertreter des deutschen Klassizismus, errichtete 1816-1830 in München die Glyptothek, ein Museumsbau in viereckiger Form mit großem Innenhof. Zudem baute er die Alte Pinakothek (1826-1830) sowie das Propyläen (1846-1860) in München. Auch die Ruhmeshalle Walhalla (1830-1847) bei Regensburg an der Donau gehört zu Klenzes architektonischem Werk.

Das Pendant zur Glyptothek, die Neue Staatsgalerie (1838-1848) in München, erbaute der Architekt Georg Friedrich Ziebland (1800-1873).

In Frankreich kamen die Architekten Jaques-Germain Soufflot (1713-1780), der die Kirche St.-Genevieve in Paris, die später in das Pantheon umgewandelt wurde (1756-1790), errichten ließ, Pierre Vignon (1763-1846), Architekt der Kirche La Madeleine in Paris und Jean-Francois Chalgrin (1739-1811), der Erbauer des Arc de Triomphe (1806 begonnen, 1823-1836 vollendet), zu Ruhm.

Englische Architekten, die sich an die klassischen Vorbilder hielten waren John Nash (1752-1835), John Soane (1753-1837), William Walkins (1778-1839), Robert Smirke (1780-1847) und Thomas Hamilton (1784-1858).

Die protestantische Hauptkirche Kopenhagens, die Vor Frue Kirke, wurde 1811-1829 von dem dänischen Architekten Christian Frederik Hansen (1756-1845) erbaut.

Das Parlament in Wien (1873-1883) errichtete der Däne Theophil v. Hansen (1813-1891).

Skulpturen
Als Vorbild der klassizistischen Skulptur diente die antike Plastik. Die Skulptur nahm im Klassizismus die Funktion der Prestigeschau ein. Die Wirkung der Skulptur war für die Öffentlichkeit bestimmt. Sie wurde aus weißem Marmor gebildet, Farbe wurde abgelehnt, und sollte durch Größe und monumentale Komposition bestechen.
In der Skulptur des Klassizismus findet sich nicht mehr die spielerische, dekorative Art des Rokokos und Barocks. Klassische Würde und Strenge wurde jetzt bevorzugt. Wie die klassizistische Architektur orientiert sich auch die Plastik an geometrischen Hauptformen.
Mit Vorliebe widmete man sich allem Monumentalem und Großem. Auch im Thema spiegelte sich dieses Streben nach Ewigem wieder, so wurden häufig repräsentative Mausoleen und Grabmäler errichtet, wie das Grabmal der Erzherzogin Maria Christina in Wien, das der Form einer Pyramide entspricht. Auch das Grabmal von Papst Clemens XIV. in Rom ist ein herausragendes Beispiel für die Vorliebe der klassizistischen Bildhauerei für Monumentalität.
Beliebt waren zudem antike Symbole und Mythendarstellungen, die durch ihre Würde und erhabenen Ernst dem Streben des Klassizismus entgegenkamen. Das klassizistische Kunstwerk sollte neben der Ästhetik allgemein einen erzieherischen Charakter besitzen. Die idealistische Neigung der Antike und die Darstellung des moralisch, wie körperlich untadeligen Menschen waren im Klassizismus geschätzte und kopierte Themen.

Malerei
Die klassizistische Malerei wird von bestimmten gestalterischen Grundprinzipien dominiert. Ein übersichtlicher Bildaufbau wird durch Grundformen, wie Dreieck, Pyramide, Rechteck, eine Vorliebe für rechte Winkel und die Vertikale erzielt. Die Anordnung der Figuren wirkt meist bühnenhaft, was an der Orientierung der Künstler an antiken Skulpturen liegt. Kühle Farben, die großflächig eingesetzt wurden, sind durch naturnahe Details und ornamentales Dekor abgeschwächt. Auch in der klassizistischen Malerei sind Darstellungen moralischer Themen und Ideen das Hauptanliegen der Kunst.
Die ersten klassizistischen Gemälde entstanden in Frankreich und bildeten einen enormen Kontrast zur vorangegangenen Malerei des Rokokos. Beliebt waren antike und monumentale Darstellungen sowie Portraits. Häufig wurden Architekturelemente und klassizistische Möbel in das Bildthema mit aufgenommen.
Während die französische Malerei des Klassizismus dominiert ist von kühler Klarheit, Vernunft und monumentaler Größe, ist der deutsche Klassizismus weniger streng und erhaben, sondern zeigt auch lyrische sowie romantische und naturnahe Themen.

Vertreter der klassizistischen Kunst
Der deutsche Maler Anton Raphael Mengs (1728-1779) wurde mit seinem Portrait von 1761 zum ersten Hauptmeister des deutsch-römischen Klassizismus. Er schuf unter anderem auch die Deckengemälde des Parnass in der Villa Albani in Rom.

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) wurde durch das Portrait Goethes in Italien, von 1786, bekannt. Das großformatige Werk mit dem typisch klassizistischen, dreieckigen Bildaufbau, weist zudem romantische Züge, wie Naturnähe und Sehnsucht, auf.

Der Düsseldorfer Maler Peter von Cornelius (1783-1867) malte vorwiegend klassizistische Gemälde mit christlichen Darstellungen. Er orientierte sich weniger an der Antike, als an Monumentalität, die zur Zeit des Klassizismus großen Anklang fand.

Auch Gottlieb Schick (1776-1812) zählt zu den deutschen Vertretern des Klassizismus.

Der Österreicher Joseph Anton Koch (1768-1839) arbeitete mit dem dänischen Maler Asmus Jacob Carstens (1754-1798) in Rom zusammen. Beide gelten als herausragende Künstler des Klassizismus.

In Frankreich, dem Geburtsland der klassizistischen Malerei, taten sich Jaques-Louis David (1748-1825), sein Schüler Francois Gerard (1770-1837) und der Hauptmeister des französischen Klassizismus Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780-1867) hervor.

In der klassizistischen Bildhauerei tat sich besonders der Italiener Antonio Canova (1757-1822) hervor. Er bildete unter anderem die Plastik der Maria Paolina Borghese sowie die Grabmäler der Erzherzogin Maria Christina in Wien und von Papst Clemens XIV. in Rom.

Der Däne Bertel Thorvaldsen (1768-1844) arbeitete in Rom, wo er zum Mittelpunkt ausländischer Künstler und Kunstliebhaber wurde. Beispielhaft ist seine bildhauerische Ausstattung der Kirche Vor Frue Kirk in Kopenhagen.

In Berlin betätigten sich Johann Gottfried Schadow (1764-1850), der die Quadriga auf dem Brandenburger Tor schuf, sowie sein Schüler Christian Daniel Rauch (1777-1857) auf dem Gebiet der Bildhauerei.

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