Die Region um das heutig Tartu wurde bereits um 3.000 v. Chr. von finn-ugurischen Stämmen besiedelt. Schriftlich erwähnt wurde der Stamm der Esten aber erstmals durch den römischen Historiker Tacitus, der den Stamm Aestii nannte. Im 7. Jahrhundert bauten die Esten eine Burg auf der Ostseite des Toome Bergs. Tarbatu wurde diese Siedlung genannt, und sie lag an eine strategisch wichtigen Position des Handelsweges zwischen Skandinavien und Russland.
Jene altestnische Burganlage wurde im Jahre 1030 von dem Kiewer Fürsten Jaroslaw dem Weisen erobert und durch eine eigene Festungsanlage ersetzt. Der Fürst gab der Siedlung den Namen Jurjev. Im Jahre 1061 indes gelang es den Esten, die Russen zu vertreiben.
Im Jahre 1193 hatte Papst Celestine II. zum Kreuzzug gegen die Heiden um die Ostsee aufgerufen. In Folge dessen drangen die Schwertbrüder des Deutschritterordens in die Region vor und eroberten im Jahre 1224 die Siedlung, welche wenig später zum Bischofssitz erhoben und von da an Dorpat genannt wurde. Die Siedlung wurde vom livländischen Riga aus beherrscht. In der Folgezeit gelangten mehr und mehr Deutsche in die Region, die Herrscher und Landbesitzer im neu errichteten Feudalsystem wurden. Den Esten wurde die Rolle der Leibeigenen zugeschrieben.
Ab Mitte des 13. Jahrhundert galt in der Stadt Rigaisches Recht. Die Stadt wurde Mitglied der Hanse und stieg nach Riga zu einer der bedeutendsten Hansestädte der Region auf. Mit einer dicken Ringmauer und 27 Wehrtürmen war sie versehen worden.
Im 16. Jahrhundert eroberten die Russen unter Iwan dem Schrecklichen die Stadt erneut und lösten damit den Livländischen Krieg (1558-1583) aus, an dem auch Dänen, Schweden und Polen beteiligt waren. Im Friedensvertrag von 1582 wurde Tartu dem polnisch- litauischen Reich zugesprochen. 1584 erhielt die Stadt durch den polnischen König die rot weiße Flagge, die noch bis heute in Gebrauch ist.
1625 gewannen die Schweden nach heftigen und langen Streitigkeiten die Oberhand über Südestland und Tartu. Für die Esten begann damit eine relativ friedliche Zeit. Im Jahre 1632 gründete der schwedische König Gustav Adolf II. die Academia Gustaviana Dorpatensis, welche man jedoch im Jahre 1699 wegen der russischen Bedrohung in das weiter westlich gelegene Pärnu verlegt hat. Peter der Große (1672-1725) eroberte 1708 die Stadt und machte sie dem Erdboden gleich. Die deutschen Bürger der Stadt wurden nach Russland verschleppt, so dass in Folge dieses Massakers im Jahre 1721 nurmehr 21 Personen in der Stadt lebten. Im Jahre 1775 vernichtete auch noch ein Brand die letzten Reste der mittelalterlichen Stadt. Aber die Menschen ließen sich nicht entmutigen und begannen in den folgenden Jahren mit dem Wiederaufbau. Es waren jetzt aber nur Steinhäuser erlaubt, die im klassizistischen Stil errichtet wurden, der auch heute noch für das Stadtbild prägend geblieben ist.
1802 eröffnete Zar Alexander I. die Universität wieder, die sich in den Folgejahrzehnten zum Athen am Emajogi entwickeln sollte. Sie wurde zum Zentrum der estnischen Nationalbewegung. Außerdem lehrten hier neben Russen und Esten viele baltendeutsche Wissenschaftler wie z.B Karl von Baer und August Rauber, dessen Anatomiebuch auch heute noch von deutschen Medizinstudenten gelesen wird.
Im Jahre 1869 fand das erste estnische Sängerfest in Tartu statt und ein Jahr später wurde das erste estnische Nationaltheater eröffnet - Vanemuine.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Verkünden der estnischen Unabhängigkeit im Jahre 1918 wurde 1920 der Friedensvertrag von Tartu geschlossen. Unter dem Präsidenten Konstantin Päts entwickelte sich daraufhin die Republik nach anfänglichen Schwierigkeiten rasch. Am 23. August 1939 unterzeichneten die Deutschen und die Russen den Molotow-Ribbentrop Kontrakt, in dessen Folge die Russen allmählich die Kontrolle über das Baltikum gewannen. Nachdem Tartu im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden war, übernahmen nach Kriegsende die Russen die Macht. Aufgrunddes nun folgenden Stalin-Terrors gingen viele Esten ins Exil.
1977 - am 59. Jahrestag der ersten estnischen Republik - wurde die estnische Flagge auf dem Nationaltheater Vanemuine gehisst. Die Unabhängigkeitsbewegung zeigte sich ab 1987 wieder stark in der Öffentlichkeit. Mehr und mehr Menschen schlossen sich ihr an, bis der Massenprotest zur Unabhängigkeit Estlands im Jahre 1991 führte.
Seit dem 2. April 2004 ist Estland Mitglied der NATO und seit dem 1. Mai 2004 auch der Europäischen Union (EU)
Neuen Kommentar hinzufügen