Bis zum Dreißigjährigen Krieg
Im Auftrag des "Böhmenkönigs" Wenzel II. (1271-1305) gründete um 1295 der Lokator Heinrich "Neu Pilsen" als Königsstadt. Die Bezeichnung Pilsen setzte sich aber erst im Laufe des 16. Jahrhunderts durch.
Die Stadt war zwar die jüngste königliche Stadt in Westböhmen, dennoch entwickelte sie sich relativ schnell zu einem politischen und wirtschaftlichen Zentrum in der Region. Diese Entwicklung rührte nicht zuletzt daher, dass die Stadt an einer bedeutenden Handelsroute von Prag angelegt worden ist. Von Pilsen ging es weiter nach Nürnberg, Regensburg und Eger.
Eine wichtige Einnahmequelle bestand im Verkauf von Rindern, die von den Pilsener Händlern in Böhmen und der heutigen Slowakei aufgekauft und meist nach Bayern exportiert wurden. Zudem blühte das Handwerk in der Stadt.
Ein einschneidendes Ereignis war das Jahr 1417 indem es zu einem Putsch kam und 1419 als die radikalen Anhänger der Hussiten unter Václav Koranda und Jan Žižka aus Prag kommend die Macht in der Stadt übernommen hatten.
Dabei errang Žižka im Jahre 1419 einen wichtigen Sieg in der Schlacht bei Nekmíř gegen katholische kaiserliche Truppen. Aber die Lage der Hussiten in Pilsen wurde trotz dieses Sieges mit der Zeit bedrohlicher, sodass bereits 1420 die Radikalen der Hussiten mit Koranda an der Spitze die Stadt verließen und nach Tabor gingen.
Danach wurde Pilsen zu einem treuen Bestandteil des Königtums und des Katholizismus. Dennoch versuchten die Hussiten in den Jahren 1421, 1422, 1423 und 1427 vergeblich, die Stadt zurück zu erobern.
Besonders erwähnenswert ist dabei die Belagerung zwischen 1433 und 1434, die Anfang Mai 1434 erfolglos abgebrochen werden musste. Bei einem Gegenangriff gelang es den Pilsenern von den Belagerern ein Kamel zu erbeuten, das ab 1460 im unteren Teil Bestandteil der Flagge von Pilsen wurde.
Um den Folgen einer Pestepidemie in Prag zu entgehen zog Kaiser Rudolf II. (1552-1612) mit seinem Hofstaat zwischen 1599 und 1600 nach Pilsen um.
Später entschied sich der Kaiser, in Pilsen einen Nebensitz zu errichten und ließ 1606 das Kaiserliche Haus in Pilsen erbauen, das er aber selber nie nutzte.
Zeit des 30-jährigen Krieges
Am 21. November 1618 wurde die kaisertreue Stadt nach einer kurzen Belagerung von Truppen der protestantischen Stände unter der Führung von Ernst von Mansfeld eingenommen und bis April 1621 besetzt.
Während dieser Zeit diente die Stadt als Hauptstützpunkt der Stände und als Haupteinkommensquelle der Truppen. Das führte zu Armut und erheblichen Schulden.
Und ab 1631 war Pilsen Sitz eines kaiserlichen Heeres, das zum Schutz der Stadt aus Bayern gekommen war.
Die kaiserliche Armee bot der Stadt zwar Schutz, aber ihre Unterbringung und Verpflegung belastete die Stadt schwer und führte zu großer Verschuldung.
Am Ende des Krieges im Jahr 1648 und sogar danach zogen mehrmals schwedische Truppenverbände durch die Umgebung und die Vororte der Stadt.
Der Dreißigjährige Krieg hatte - wie in großen Teilen Deutschlands - die Wirtschaft ruiniert. Zudem waren die Vorstädte abgebrannt und die Stadtbevölkerung war erheblich gesunken. Es dauerte nahezu ein Jahrhundert die Schäden zu beseitigen und die Wirtschaft erneut zu beleben. So erreichte Pilsen erst gegen Ende des 18 Jh. die Einwohnerzahl, die sie vor dem Krieg besaß. Pilsen blieb daher letztendlich bis ins 19. Jh. eine Provinzstadt.
Zeit der Industrialisierung
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. stand Pilsen nach Größe und Bedeutung hinter Prag wieder an zweiter Stelle in Böhmen. Im Jahre 1869 entstand das wichtigste und in folgenden Jahren für die Stadt prägende Maschinenbauunternehmen Škoda. Das zweitgrößte Werk dieser Zeit war nach 1898 das Eisenbahnwerk der Staatsbahnen mit etwa 2.000 Angestellten. Es handelte sich um das größte Ausbesserungswerk in Österreich-Ungarn. Zwischen 1861 und 1877 wurde der Pilsener Eisenbahnknoten fertiggestellt. Im Jahre 1899 verkehrte in Pilsen die erste Straßenbahnlinie.
Trotz dieser Wirtschaftsblüte waren die Wohn- und hygienischen Verhältnisse besonders für die Arbeiterschaft Pilsens schlecht. Diesen Zuständen versuchte in den Jahren 1911 bis 1919 Škoda mit dem Bau der Arbeiterwohnsiedlung Karlov abzuhelfen. Insgesamt blieben die Wohnbauaktivitäten aber unzureichend. Die Škoda-Werke spezialisierten sich immer mehr auf Rüstungsgüter und wurden in späteren Jahren zur größten Waffenschmiede Österreich-Ungarns. Pilsen lieferte etwa schwerste Artilleriegeschütze wie den 30,5-cm-Belagerungsmörser, der auch im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde. 1917 arbeiteten bei Škoda ca. 32.000 Arbeiter. Am 25. Mai 1917 kamen bei einem Explosionsunglück in der Munitionsfabrik im Pilsner Vorort Bolevec etwa 300 Menschen ums Leben. In den folgenden zwanzig Jahren war die Industriestadt Pilsen mit dem benachbarten Montangebiet ein wichtiges Wirtschaftszentrum der 1918 gegründeten Tschechoslowakischen Republik.
Vom 1. Weltkrieg bis 1989
Vor der Besetzung durch NS-Deutschland von 1939 bis 1945 lebten in Pilsen (1938) etwa 3200 Juden (unter 125.000 Einwohnern). 3000 von ihnen wurden im Januar 1942 in drei Transporten nach Theresienstadt und in weitere Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert.
Von 1939 bis 1945 arbeitete die Rüstungsindustrie in Pilsen für das Deutsche Reich. Deshalb waren im Zweiten Weltkrieg die Škoda-Werke Ziel von Luftangriffen zunächst der Royal Air Force, später auch der US Army Air Force. Am 6. Mai 1945 befreiten Einheiten der 3. US-Armee Pilsen. Ende November 1945 zogen die US-Truppen wieder ab. Die deutsche Bevölkerung der Stadt wurde ab 1945 vertrieben.
Am 1. Juni 1953 kam es aufgrund einer Währungsreform zu schweren Unruhen in der Stadt. 20.000 Menschen, vor allem Arbeiter der Škoda-Werke demonstrierten gegen das kommunistische Regime. Demonstranten drangen in das Rathaus ein und warfen kommunistische Symbole, Möbel und andere Gegenstände aus den Fenstern. Am Nachmittag wurde die Demonstration von der Staatsmacht gewaltsam beendet.
Am 21. August 1968 beendete der Einmarsch sowjetischer Truppen auch in Pilsen den Prager Frühling.
Nach der Wende bis heute
Als das Ende der kommunistischen Herrschaft in der damaligen Tschechoslowakei kann man den 28. und 29. Dezember 1989 ansehen, als Alexander Dubček zum Präsidenten des Parlaments und Václav Havel am nächsten Tag zum Staatspräsidenten gewählt wurde.
Im Jahr 1991 wurde die hiesige "Westböhmische Universität" gegründet.
Am 1. Januar 1993 trennten sich die Slowakei und Tschechien friedlich und bildeten zwei unabhängige Staaten
Zum Bischofssitz wurde Pilsen im Jahr 1993.
Eine große Auszeichnung wurde der Stadt 2011 zuteil, als sie von der EU zur Europäischen Kulturhauptstadt 2015 gewählt wurde.
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