Wie bei vielen Städten vermischen sich auch im Falle Brüssel Legende und Wahrheit. Erstere will die Stadt im 6. Jahrhundert durch den heiligen Goorik gegründet sehen, die Geschichtswissenschaft bevorzugt das Jahr 996, als in einem Dokument ertsmals eine Siedlung namens Bruocsella erwähnt wurde. Bekannt ist, dass zwischen 977 und 979 durch Karl von Niederlothringen sowohl eine Kapelle als auch eine Burg errichtet wurden. Erste Lebenszeichen des heutigen Brüssels, einer Stadt, welche sich damals noch unbedeutend als Insel auf dem Fluss Senne ausbreitete. Spuren einer ersten wehrhaften Stadtmauer finden sich für das 11. Jahrhundert. Im Jahre 1430 wurde Philipp "der Gute", Herzog von Brabant, Erbe des Herzogtums Brabant. Er war es auch, der Brüssel zur Hauptstadt seines Reiches machte, was sie mit kurzer Unterbrechung bis heute auch blieb. Das Rathaus entstand und die ersten Zunftshäuser wurden konstruiert. Die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt wuchs rapide an und zog unzählige Künstler, Handwerker und Investoren an.
Im Jahr 1477 wurde eine folgenreiche Hochzeit gefeiert. Es war die Vermählung von Maria von Burgund, Philipps Enkelin, mit Maximilian von Habsburg, dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Brabant wurde damit ein Teil des Habsburgerreiches. Diese Verquickung wurde bedeutend: Unter Philipp II. (1527-1598), König von Spanien und Sohn des verstorbenen Kaisers Karl V. (1500-1558) - in dessen Reich wegen der neuen Besitzungen in Amerika "die Sonne nie unterging" - wurde das Gebiet des heutigen Belgiens Teil der spanischen Niederlande. Erhebungen und Aufstände ereigneten sich dort gegen die Herrschaft des intransigenten spanischen Königs. Diese wurden niedergeschlagen und endeten vorerst mit der Hinrichtung der beiden Adligen Hoorn und Egmont. Besonders brutal ging der spanische Statthalter vor, der Herzog von Alba. Er war es, der die Protestanten rigide verfolgte und damit der Wirschaftsbedeutung, auch von Brüssel, ein Ende setzte. Doch 1578 wird die Union von Utrecht gegen die spanische Herrschaft gegründet. 1648 teilten sich die spanische Niederlande: der Norden wurde unabhängig, wohingegen der Süden mit Brüssel unter spanischer Oberherrschaft blieb.
Während der aggressiv-expansiven Politik des französischen Königs Ludwig XIV., des so genannten Sonnenkönigs (1638-1715), wurden Westflandern und der Hennegau von französischen Truppen erobert. Doch schon 1697 mussten die belgischen Gebiete von Frankreich wieder abgetreten werden. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) nach dem Tode Karls II. betraf auch Brüssel, als nämlich die Habsburger die Herrschaft über die südlichen Niederlande errangen. Sie gerieten damit auch in den Besitz von Brüssel.
Im Jahre 1789 konnte dann aber der südliche Teil der Niederlande seine Unabhängigkeit gegen die Habsburger durchsetzen, wurde indes aber schon 1794 von den Truppen des revolutionären Frankreichs erobert. Bis 1815 blieben die Franzosen im Lande. Doch in jenem Jahr wurde Napoleon beim südlich von Brüssel gelegenen Waterloo besiegt. Die Regelungen des Wiener Kongresses (1814-1815) sahen eine Vereinigung der südlichen Niederlande mit den nördlichen unter Wilhelm I. von Oranien vor, allerdings kamen schnell Konflikte auf, welche historisch, wirtschaftlich und religiös bestimmt waren. Diese führten zur Belgischen Revolution, in deren Folge sich die Südprovinzen von den Niederlanden abspalteten und den Staat Belgien gründeten - mit Brüssel als Hauptstadt.
Durch diesen Bedeutungszuwachs erfuhr Brüssel bald einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, ein rapides Bevölkerungswachstum und eine bemerkenswerte Ausdehnung in die Nachbargemeinden hinein. Die Bauaktivitäten waren atemberaubend und hinterließen beeindruckende Gebäude wie etwa den Justizpalast, den Königspalast oder die Jugendstilbauten bspw. des Victor Horta. Alle diese Gebäude überstanden die Zerstörungen der beiden Weltkriege unbeschadet. Wegen der Französisch sprechenden Wallonen und der Niederländisch sprechenden Flamen wurde eine bilinguale Sprachregelung in Brüssel notwenig, die bis 1938 abgeschlossen werden konnte. Seither existieren zweisprachige Beschilderungen für alle Straßen, Gebäude, Plätze und Institutionen des öffentlichen Nahverkehrs.
Die Bedeutung Brüssels wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg stark an. Das Zusammwachsen Europas machte Brüssel 1958 zum Sitz der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), also der heutigen Europäischen Union (EU). Im selben Jahr richtete Brüssel die Weltausstellung aus, und neun Jahre später wurde die Stadt auch Sitz der NATO.
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