Allgemeines
Eine Eule, zu deren Familie auch Käuze und Uhu gehören, hat wohl kaum einer je in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Das liegt daran, dass sie fast ausschließlich nachtaktiv sind und sich tagsüber im dichten Baumbestand versteckt halten.
Zur nächtlichen Jagd verharren die meisten Eulen ruhig auf einem als Ansitz dienenden Ast oder Baumstumpf und lauschen mit ihrem ausgezeichneten Gehör auf das kleinste Geräusch am Erdboden. Ihr ebenfalls hervorragend ausgeprägter Sehsinn ermöglicht ihnen zudem auch in dunkelster Nacht noch die Orientierung. Haben sie ein Beutetier ausgemacht, zumeist kleine Nager, gleiten sie dank ihrer speziellen Flügelarchitektur lautlos herab und packen es mit ihren scharfen Krallen.
Mit einem Schnabelhieb oder –biss wird das Beutetier getötet und anschließend zumeist im Ganzen verschlungen. Fell und Knochen werden in regelmäßigen Abständen in Form von Gewöllen wieder ausgespien. Auf Grund von Gewölleanalysen kennt man relativ genau die Zusammensetzung der Nahrung vieler Eulenarten und kann anhand der darin enthaltenen Schädel die Menge der Beutetiere errechnen. Man schätzt, dass z.B. eine Waldohreule jährlich bis zu 1000 Mäuse verzehrt.
Schleiereule (Tyto alba)
Die 34 cm große Schleiereule hat ihren Namen von ihrem herzförmigen, braungerandeten Gesichtsschleier. Hinterkopf, Rücken und Flügeldecken sind goldgelb bis hellbraun gefärbt und mit dunkleren Punkten und Tupfen übersäht. Die Unterseite ist weißlich gefärbt mit kleinen schwarzen Punkten. Das für Eulen typische Beinkleid ist ebenfalls weiß.
Die Schleiereule ist ein typischer Kulturfolger, der in menschlichen Behausungen wie Bauernhöfen, Kirchtürmen oder Burgruinen nistet. Ein echtes Nest baut sie allerdings nicht, sondern bebrütet ihre Eier meist direkt auf dem vorhandenen Untergrund. Sie ernährt sich fast ausschließlich von Mäusen, die sie auf nächtlicher Jagd erbeutet.
Steinkauz (Athene noctua)
In der griechischen Mythologie war die Göttin Athene stets mit einer Eule assoziiert. So kam der Steinkauz auch zu seinem wissenschaftlichen Namen, der übersetzt „nächtliche Athene“ bedeutet. Auch das Sprichwort „Eulen nach Athen tragen“ und die Abbildung des Steinkauzes vormals auf der griechischen Drachme und jetzt der griechischen 1-Euro Münze weist auf das dortige Vorkommen dieses überall in Europa heimischen Kauzes hin. Der mit 22 cm kleine Steinkauz bevorzugt offene Landschaften, auch Kulturlandschaften und ist in vielerlei Hinsicht äußerst vielseitig. Als Nistplatz bevorzugt er Höhlen in alten Bäumen, bezieht aber auch, wie sein Name besagt, Mauerlöcher und Gebäude sowie verlassene Kaninchenbauten im Erdboden. Obwohl er hauptsächlich nachts auf Nahrungssuche ist, kann man ihn auch tagsüber bei der Jagd beobachten. Neben Mäusen, die er in eulentypischer Jagdmanier vom Ansitz aus erbeutet, frisst er auch Käfer und Heuschrecken, die er sich aus bodennahem Flug oder im Hüpfen schnappt. Insekten und kleine Vögel schlägt er zudem in der Luft.
Uhu (Bubo bubo)
Der Uhu ist mit einer Rumpfgröße von 66-71 cm und einer Flügelspannweite von 150 cm die größte Eule Europas. Das Weibchen ist etwas größer als das Männchen. Das ausdrucksstarke Gesichtsfeld ist durch die großen orangeroten Augen, die schnurrbartartige Linie unterhalb des Schnabels und die spitz zulaufenden Ohrpinsel gekennzeichnet. Das Gefieder ist gelbbraun gefärbt und besonders an Brust und Rücken schwarz geflammt. Auf Grund seiner Größe ist der Uhu in der Lage neben allerlei kleinen Nagetieren auch Hasen, Kaninchen, Eichhörnchen, Marder und größere Vögel wie Krähen und Rebhühner zu erbeuten. Die Jagd erfolgt in niedrigem Suchflug oder vom Ansitz aus. Mit seinen gewaltigen Krallen schlägt er seine Beute, mitunter auch Fische an der Wasseroberfläche, die er dann auf einem Ast oder Felsvorsprung in Stücke reißt und verspeist. Als Lebensraum bevorzugen Uhus ungestörte, felsige Gebirgsregionen oder abwechslungsreiche Landschaften mit offenen Flächen und dichten Wäldern. Die in lebenslanger Ehe lebenden Vögel nisten in Felsnischen, verlassen Raubvogelhorsten oder sogar auf dem Boden. Nicht selten suchen sie ihre Nistplätze im nächsten Jahr wieder auf. Während das Weibchen brütet und solange sich die 2-3 Jungvögel noch im Horst aufhalten, übernimmt das Männchen für insgesamt ca. 15 Wochen allein die Versorgung der Familie. Im Alter von ca. 10 Wochen verlassen die noch flugunfähigen Jungen das Nest und werden dann in der Nähe von beiden Elternteilen bis zu weiteren 15 Wochen mit Nahrung versorgt.
Waldkauz (Strix aluco)
Der mit 38 cm mittelgroße Waldkauz ist die häufigste Eulenart Mitteleuropas. Er hat einen kompakten, gedrungenen Körper und einen verhältnismäßig großen Kopf. Das in seiner Grundfarbe rostrote Gefieder weist eine regelrechte Marmorierung aus zahlreichen helleren und dunkleren Flecken auf. Bauch und Flügelunterseite sind heller. Das Gesicht mit den schwarzbraunen Augen ist scharf abgegrenzt. Vom Kopf läuft ein dunkelbrauner „Mittelscheitel“ bis zum grauen Schnabel. Der Waldkauz bewohnt Laub- und Mischwälder, ist aber ebenso häufig in Parks und Gärten in Großstädten anzutreffen. Sein Nest baut er bevorzugt in Baumhöhlen, aber man findet ihn auch in Mauerlöchern, verlassenen Kaninchenbauen und Nistkästen. Das dämmerungs- und nachtaktive Tier jagt bevorzugt kleine Nagetiere wie Mäuse bis hin zu Eichhörnchen, fängt aber auch junge Hasen, Vögel und Frösche. Die Jagd erfolgt meist im Anflug vom Ansitz aus, wo der Kauz reglos ausharrt bis er ein Beutetier am Boden mit seinem ausgeprägten Gehör ausgemacht hat. Dann gleitet er lautlos zu Boden und packt seine ahnungslose Beute mit seinen scharfen Krallen. Im März legt das Weibchen 3-5 Eier, welche es ca. einen Monat lang bebrütet. Die Jungvögel werden von beiden Eltern nach dem Schlüpfen noch ca 7-8 Wochen mit Nahrung versorgt, bis der Nachwuchs das elterliche Revier verlässt und sich im größeren Umkreis niederlässt. Die standorttreuen Vögel verlassen auch im Winter ihr angestammtes Brutrevier nicht.
Waldohreule (Asio otus)
Die bis 36 cm messende Waldohreule bewohnt Nadel- und Mischwälder sowie Heidelandschaften und große Parkanlagen. Das charakteristischste Kennzeichen sind ihre langen Federohren, die jedoch nicht das eigentliche Hörorgan bilden. Sie besitz einen scharf umgrenzten Gesichtsschleier und gelbe Augen. Ihr Gefieder hat einen orangebraune bis rostrote Grundtönung, ist marmoriert und mit zahlreichen dunkleren Sprenkeln bedeckt. Die Waldohreule baut keine eigenen Nester, sondern bezieht alte Nester von Tauben, Krähen oder Greifvögeln. Den Tag über verbringt sie still, nah am Stamm auf einem Ast sitzend. Mit der Dämmerung wird sie aktiv und geht auf die Jagd. Im Gleitflug hält sie Ausschau nach ihrer Hauptnahrung, Mäusen. Nur selten jagt sie vom Ansitz aus. Solange sich die Jungvögel noch im Horst aufhalten, übernimmt das Männchen allein die Fütterung. Im Alter von ca. 3 Wochen verlassen die noch flugunfähigen Jungen das Nest und werden dann in der Nähe, auf einem Ast hockend, von beiden Elternteilen versorgt. Sie tragen in dieser Zeit noch das für junge Greifvögel und Eulen typische Dunenkleid.
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