Allgemeine Übersicht
Der Rückenpanzer der Europäischen Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Länge zwischen etwa 10 cm und mehr als 20 cm – bei einem Gewicht zwischen etwa 400 bis 800 g. Die Weibchen sind etwas größer und schwerer als die Männchen.
Damit gehören die Tiere zu den kleinen Schildkröten.
Gliederung, Taxonomie
Ordnung | Schildkröten (Testudines) |
---|---|
Familie | Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae) |
Unterfamilie | Emydinae |
Gattung | Sumpfschildkröte (Emys) |
Art | Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) |
Unterarten | 8, Näheres siehe oben |
Ausländische Bezeichnungen
- Englisch: European Pond Turtle
- Französisch:
Aussehen, Merkmale
Die Färbung der Tiere ist recht vielfältig. Der oft dunkle, braune oder schwarze Rückenpanzer kann ein Muster aus gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schilden von einem Zentrum ausgehend angeordnet sind.
Es gibt aber auch Unterarten mit einer eher dunklen Zeichnung auf hellem Untergrund. Der Bauchpanzer (Plastron) kann je nach Art einheitlich gelb, gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein.
Die Extremitäten und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz und haben häufig gelbe Zeichnungen.
Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, wobei er bei den Weibchen etwas stärker gewölbt als bei den Männchen ist.
Zwischen den Zehen der vorderen Extremitäten und denen der hinteren haben die Tiere Schwimmhäute, wobei die Zehen mit einer Kralle versehen sind, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind.
Die Europäische Sumpfschildkröte gehört zu den langschwänzigen Schildkröten, bei denen der Schwanz etwa die Länge des halben Panzers erreicht.
Vorkommen, Lebensweise
In Europa findet man die Tiere in Albanien, Bulgarien, Griechenland, Italien, in Italien mit Sardinien und Sizilien, in Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, der Schweiz, Serbien, der Slowakei, in der Sowjetunion bis etwa auf die Höhe von Moskau, in Spanien mit Mallorca und Menorca, in Südfrankreich mit Korsika, sowie in Tschechien und Ungarn. Außerhalb Europas ist sie in Algerien, im Iran, in Marokko, in Tunesien sowie in Turkmenistan beheimatet.
In Deutschland findet man leider nur noch wenige stabile sich selbst erhaltende Populationen - und zwar überwiegend im Osten des Landes. Dort ist besonders das Vorkommen im Gebiet des 412 ha = 4,12 km² großen und bis zu 70 m tiefen Stechlinsees im Bundesland Brandenburg zu nennen. Aber man findet die Tiere auch in den Bächen des Bruchwaldes im Naturschutzgebiet Zarth im Naturpark Nuthe-Nieplitz in Brandenburg. In Hessen existiert eine Population am Reinheimer Teich. In Österreich findet sich in den Donauauen östlich von Wien die letzte sich selbst fortpflanzende Population sowie einige ausgesetzte Exemplare am Wienerberg im Gemeindegebiet von Wien.
In der Wojewodschaft Großpolen (Hauptstadt Posen) im Amtsbezirk Storchennetz (Osieczna) wurde für die Tiere ein 4,42 ha großes Reservat am Boberfelder See eingerichtet. In Polnisch: Ostoja (= Schutzzone, Reservat) żółwia blotnego (= Sumpfschildkröte) osieczna
Die Europäische Sumpfschildkröte bevorzugt ruhende oder langsam fließende Gewässer, den Uferbereich von Binnenseen, Teichen, Gräben und besonders die Altarme von Flüssen.
Im Bereich des Mittelmeeres findet man sie auch im Brackwasser. Aus dem Wasser herausragende Äste, gefällte Bäume oder Wurzelstrünke dienen den Tieren zum Sonnenbaden.
Nahrung
Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor Allem von Schnecken, Krebstieren, Insektenlarven und anderen wirbellosen Tieren. Aber auch Kaulquappen, tote Fische oder Aas stehen auf ihrem Speiseplan. Größere Beute packt sie mit ihren Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie anschließend ohne zu kauen verschlingt. Aber auch pflanzliche Kost wie Wasserpflanzen oder Algen und Wasserlinsen gehören zu ihrer Nahrung.
Fortpflanzung, Jungtiere
Der Eintritt der Geschlechtsreife hängt stark von ihren Lebensräumen ab - so werden Männchen in Südspanien mit vier bis fünf Jahren geschlechtsreif, während die Weibchen in kälteren Regionen es teilweise erst mit 18 Jahren werden. Ihre Paarungszeit liegt nach dem Ende ihrer Winterruhe im Februar oder März.
Die Weibchen legen nach der Paarung dann im Laufe des Junis ihre Eier ab, wobei sie meist immer wieder zu denselben Ablageplätzen wandern. Für die Eiablage werden trockene und möglichst sandige Plätze ausgewählt, die gut von der Sonne beschienen werden. Zur Ablage der 10 bis 15 Eier - in den Nachmittags- und Abendstunden - wird mit den hinteren Extremitäten Hinterbeinen eine 10 bis 15 cm tiefe Nesthöhle gegraben. Nach der Eiablage wird das Nest mit Erde bzw. Sand gut verschlossen.
Die Jungtiere schlüpfen nach etwa 80 bis 120 Tagen – im Verlauf des Spätsommers Die Länge ihrer Panzer beträgt kurz nach dem Schlüpfen 2 bis 3 cm, bei einem Gewicht von 4 bis 6 g. Der Schlupfvorgang dauert mehrere Stunden und danach verbleiben die Jungtiere noch einige Zeit in der Nisthöhle. In den nördlichen Verbreitungshebieten überwintern sie teilweise sogar darin.
Sofern sie die Nisthöhle verlassen haben krabbeln sie in das nächstliegende Gewässer, wo sie sich bevorzugt in der dichten und schützenden Unterwasservegetation aufhalten. Erwähnenswert ist, dass bei Bruttemperaturen unter 28°C Männchen und bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5 °C Weibchen schlüpfen. Zwischen 28 und 29,5 °C schlüpfen statistisch verteilt beide Geschlechter.
Feinde, Gefährdung
Die Eier und die Jungtiere werden oft Opfer von Dachsen, Füchsen, Wildschweinen sowie von Elstern, Krähen, Raben, Reihern und anderen großen Vögeln – aber auch von Katzen und Hunden. Im Wasser werden sie dann Opfer von Hechten und Welsen. Allerdings haben ausgewachsene Tiere kaum noch Fressfeinde. Aber vielmehr sind sie durch die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, die Zersiedelung der Landschaft und durch die Zerstörung der Eiablageplätze gefährdet. Eine besondere Gefahr bedeutet zudem der Straßenverkehr für die weiblichen Tiere, die auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück ins Wasser beim Überqueren von Straßen überfahren werden. Eine weitere Gefahr bilden Fischreusen, in denen sie ertrinken. Nach Aussagen der IUCN gilt die Europäische Sumpfschildkröte generell als "gering gefährdet“, während sie in Deutschland als "vom Aussterben bedroht“ gilt.
IUCN
Die (International Union for Conservation of Nature and Natural Resource (IUCN) ist eine internationale Nichtregierungsorganisation. Ihre Gründung erfolgte am 8. Oktober 1948 in Fontainebleau (Frankreich) als International Union for the Protection of Nature (IUPN)
Die IUCN erstellt unter anderem die Rote Liste gefährdeter Arten und kategorisiert Schutzgebiete mittels der World Commission on Protected Areas, zudem besitzt sie einen Beobachterstatus bei der UN-Vollversammlung.
Ihren Sitz hat sie in Gland in der Schweiz mit Niederlassungen in über 60 Ländern.
Besonderheiten
Im Jahr 2015 war die Europäische Sumpfschildkröte "Reptil des Jahres“.
Diese Auszeichnung wird seit 2006 von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. (DGHT) mit Unterstützung der österreichischen und schweizerischen Fachverbände (ÖGH und KARCH), dem Naturhistorischen Museum in Luxemburg sowie vom NABU und BUND in Deutschland verliehen.
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