Namensgebung, erste europäische Besiedlungen und Goldrausch
Im Januar 1502 landete der portugiesische Entdecker Gaspar de Lemos in der großen Guanabara-Bucht, über deren Ufer sich das heutige Rio de Janeiro erstreckt. Er hielt die Bucht fälschlicherweise für eine Flussmündung und gab ihr aufgrund des Datums den Namen Rio de Janeiro (Januarfluss). Die Region wurde damals von Tupí-Indianern wie den Tamoio bewohnt.
Die erste europäische Siedlung in der Bucht wurde erst über fünfzig Jahre nach der portugiesischen Landung durch die Franzosen errichtet. 1555 gründeten sie, um ihre Vormachtstellung entlang der brasilianischen Küste fürchtend, auf einer kleinen Insel in der Bucht die Siedlung France Antarctique (Antarktisches Frankreich). Die Portugiesen griffen 1560 die Franzosen unter Nicolas de Villegagnon in der Bucht an. Obwohl die Franzosen mit den einheimischen Tamoio verbündet waren, verloren sie gegen die vom Mutterland besser versorgten Portugiesen. Die Tamoio-Indianer wurden in andere Landesteile vertrieben. Nach dem Sieg errichteten die Portugiesen 1567 auf einem strategisch günstig gelegenen Hügel (dem heutigen Morro do Castelo) die befestigte Stadt São Sebastião do Rio de Janeiro. Zu jener Zeit lebten dort etwa 500 Siedler.
Die Siedlung lebte vom Anbau und Export von Zuckerrohr und anderer landwirtschaftlicher Produkte und bestand im Jahre 1585 aus etwa 750 Portugiesen, 3.000 Indianern und 100 afrikanischen Sklaven. Sie entwickelte sich aufgrund der günstigen Hafenposition im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Stützpunkte der Portugiesen in Südamerika. Die Bevölkerung wuchs und das Stadtgebiet dehnte sich entlang der Küste aus.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden in der umliegenden Provinz Minas Gerais massive Goldvorkommen entdeckt. Der einsetzende Goldrausch veränderte die Stadt nachhaltig. Dem Hafen der Stadt kam, aufgrund der Nähe zu den Goldvorkommen, abermals eine große Bedeutung zu. Die Bedeutung der Stadt wuchs derart, dass sie 1763 sogar zum Sitz des Vizekönigs erklärt wurde.
Um 1799 lebten um die 43.000 Menschen in der Stadt, von denen rund ein Drittel Sklaven waren.
Im Jahre 1808 floh der portugiesische König João VI. mitsamt dem Hofstaat vor den napoleonischen Truppen aus Lissabon nach Rio de Janeiro. Als Folge des königlichen Aufenthalts kamen der Stadt weit reichende Handelsvergünstigungen zu, während wirtschaftliche Restriktionen abgebaut wurden. Dies bescherte der Stadt in der Folgezeit Wachstum und Wohlstand. Dieser kam jedoch nur einem Teil der Bevölkerung zugute. Bei einer Bevölkerung von etwa 112.000, waren 1821 rund die Hälfte der Einwohner besitzlose Sklaven.
Ab den 1830er Jahren begann der Reichtum durch Kaffeeexporte zu wachsen. Verbunden mit den Vorteilen durch den Königshof entwickelte sich Rio de Janeiro dadurch zu einer europäisch anmutenden, kosmopolitischen Stadt, deren Elite ein Leben in Luxus führte. Zeitgleich mit dieser Entwicklung wuchsen jedoch die sozialen Ungleichheiten. Ein immer größerer Teil der stetig wachsenden Bevölkerung lebte in Armut und um die Mitte des Jahrhunderts entstanden die ersten Favelas, wie die Armenviertel in Rio noch heute genannt werden. Nach wie vor bestand die Bevölkerung zu etwa der Hälfte aus Sklaven.
Von der Republikgründung bis heute
Die Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1888 und die Gründung der Republik (1889 - 1930) änderten nicht viel an den Besitzverhältnissen in der Stadt. Rio, welche die Hauptstadt des Landes blieb, wuchs bis 1900 auf etwa 811.000 Einwohner an und entwickelte sich zum finanziellen und wirtschaftlichen Zentrum Brasiliens. Die Stadt, die sich in einem ständigen Konkurrenzkampf zu São Paulo befand, überholte den Konkurrenten zwar bei der Bevölkerung (1920 ca. 1,2 Millionen, 1945 mehr als 2,3 Millionen), konnte aber wirtschaftlich und industriell nicht mithalten.
Nach der goldenen Zeit, die Rio zwischen den 20er und den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte, war die Stadt um die Mitte des Jahrhunderts herum wirtschaftlich angeschlagen und hatte mit massiven sozialen Problemen zu kämpfen. Entlang der Guanabara-Bucht zogen sich heruntergekommene Industrievororte und "Favelas" die Küste entlang. Die Verlagerung der Hauptstadt in das neu erschaffene Brasilia im Jahre 1960 und der Abzug finanzieller Hilfen des Landes verschlimmerten die Probleme der Stadt. Die 80er und frühen 90er Jahre waren von Korruption, Armut und Kriminalität bestimmt, die die Glanzzeiten der Stadt überschatteten. Ein großer Teil der über 11 Millionen Einwohner im Einzugsgebiet lebte in den Favelas. Erst nachdem 1992 die Konferenz der Vereinten Nationen zu Umweltschutz und Entwicklung in Rio de Janeiro abgehalten wurde, begannen die Stadtregierungen sich der drängenden Probleme anzunehmen. Diese sind heute bei weitem nicht gelöst, jedoch sind Fortschritte erzielt worden.
Heute ist die Stadt zwar nicht das politische und wirtschaftliche, aber das kulturelle und touristische Zentrum Brasiliens.
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