Lille: Stadteschichte

Im Jahr 1066 wurde der erste große Text über Lille verfasst, die große Charta. Der Name Lille stammt aus Insula und später Isle, denn die Stadt war ursprünglich ganz von einem Fluss, der Deûle umgeben. Lille wurde zu einer der Hauptstädte der Grafschaft Flandern, das 843 durch die Verträge von Verdun entstanden war. Der Enkel von Karl dem Großen, Karl der Kahle, erbte die Grafschaft, die dann bis Mitte des 14. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Flandern blieb.

Louis de Mâle, letzter Graf von Flandern, hatte nur eine Tochter, die 1369 den ersten Herzog von Burgund heiratete. Lille wurde mit Dijon und Brüssel eine der Hauptstädte der Burgunder Staaten, die bis Holland reichten. Der Tod von Karl dem Kühnen, letzter Herzog von Burgund, im Jahre 1477 setzte dem Prunk ein Ende. Seine Tochter heiratete Maximilian von Habsburg. Aus dieser Ehe ging Philipp von Kastillien hervor, der Vater von Karl V., wodurch sich Lille mit den spanischen Niederlanden verband.

1667 gelang es Ludwig XIV., Lille zu erobern und ins Territorium Frankreichs zurückzuführen. Während der französischen Revolution wurde es 1792 von den Österreichern besetzt, die auf dem Weg nach Paris waren, um den König zu befreien. Die Stadt schaffte es aber, dank ihrer Kanonen, den Feind zu vertreiben. Heute noch ist die Göttin im Zentrum des Grand'Place eine Zeugin dieser heroischen Begebenheit.

Im 19. Jahrhundert wurde Lille zu einer großen Industriehauptstadt. Durch den Anschluss von fünf angrenzenden Gemeinden wuchs die Stadt deutlich. Ihre Fläche verdreifachte sich und die Zahl der Einwohner wurde verdoppelt.

Während des Ersten Weltkrieges wurde Lille von 1914 bis 1918 durch deutsche Truppen besetzt. Der Krieg verwüstete weite Teile der Stadt. Schließlich wurde Lille durch britische Truppen befreit. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Lille im Mai 1940 von deutschen Truppen erobert. Die Stadt (wie das ganze Département) wurde der Militärverwaltungen für Belgien unterstellt. Lille wurde am 3. September 1944 durch die Alliierten befreit.

In den 1950er Jahren verursachte der Niedergang der Textilindustrie ernste wirtschaftliche und soziale Probleme. Daraufhin beschloss die Stadt, sich dem tertiären Sektor zuzuwenden und legte den Schwerpunkt vor allem auf Banken, Versicherungen, Verwaltung, Universitäten und Grandes Ecoles. Im Jahre 1994 wurde Euralille eingeweiht, ein ganz neues Stadtviertel, das ein perfektes Beispiel für eine gelungene Umwandlung ist.

Heute ist Lille mit einer Agglomeration von mehr als drei Millionen Einwohnern die viertgrößte Metropole Frankreichs. Von Lille aus fahren direkte Züge nach Brüssel, Paris und London. So steht Lille wirklich im Zentrum Nordwesteuropas. Dank seiner kulturellen Vielfalt und seiner Dynamik wurde Lille 2004 nicht nur als Stadt der Kunst und Geschichte, sondern auch als Europäische Kulturhauptstadt ausgezeichnet.

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