Glasgow: Stadtgeschichte

Die Gegend um den Fluss Clyde stellte für die Menschen schon vor Jahrtausenden einen bevorzugten Siedlungsort dar, da sie hier durch die Möglichkeit des Fischfangs eine Nahrungsquelle hatten und sich gut auf dem Wasser fortbewegen konnten. Man nimmt an, dass die Region schon Jahrtausende vor Christus besiedelt war und dass sich schon sehr früh keltische Stämme sich am Fluss Clyder niederließen. Im Jahre 80 nach Christus nahmen die Römer Besitz von dem Ort, der zu damaligen Zeiten Cathures hieß. Im Jahr 140 errichteten sie den Antoniuswall als Trennung zwischen dem keltischen Caledonia und dem neuen, römischen Britannien. Im 6. Jahrhundert erbaute der christliche Missionar St. Mungo, der auch unter dem Namen St. Kentigern bekannt war, an dem kleinen Bach Molendinar Burn eine Kirche, die zur Keimzelle der späteren Stadt wurde. Sie liegt im heutigen East End Glasgows und wurde vom 13. bis zum 15. Jahrhundert zur Kathedrale erweitert.

Die Stadt entwickelte sich in den Folgejahren zu einem religiösen Zentrum und St. Mungo wurde zum Gründer der Stadt und gleichzeitig der Stadtheilige; die Wunder, die er der Legende nach vollbracht haben soll, sind noch heute auf dem Wappen Glasgows abgebildet. Im 12. Jahrhundert wurde das gälische Glasghu, was soviel heißt wie geliebter grüner Ort, zur Stadt erhoben und man begann man mit dem Bau der Kathedrale, die zum Sitz der Bischöfe und Erzbischöfe wurde. Sie war neben den Holzbauten der erste Sakralbau aus Stein, und wurde seit ihrer Weihung im Jahr 1136 bis heute permanent erweitert; zuletzt enthüllte Prinzessin Anne im Juni 1999 das Millenium Fenster. Im Jahr 1451 wurde die Universität zu Glasgow als zweite schottische Hochschule durch päpstliches Dekret gegründet und auf dem Gelände der Kathedrale in den anliegenden Sakralbauten eingerichtet. Von diesem mittelalterlichen ursprünglichen Stadtkern ist bedauerlicherweise heute nur noch die Kathedrale erhalten geblieben, die übrigen Bauten fielen dem Kapitalismus, der industriellen Revolution und dem Britischen Reich zum Opfer.

Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte sich die Stadt Glasgow zu einem bedeutenden religiösen und akademischen Zentrum entwickelt. Außerdem war Glasgow mit Hilfe der immer einflussreicher werdenden Händler und Handwerker auch wirtschaftlich stärker geworden und der Clyde bot ihnen die nötige Verbindung zu den übrigen Regionen des Landes. Die Lage der Stadt am Atlantischen Ozean ermöglichte zusätzlich die Einfuhr von amerikanischem Tabak, Baumwolle und Zucker aus der Karibik; Waren, die in ganz Europa Absatz fanden. Dieser Markt läutete den Beginn des Goldenen Zeitalters der Stadt ein. Im 18. Jahrhundert kontrollierten die mächtigen Tobacco Lords einen Großteil des Britischen Handels mit den nordamerikanischen Kolonien, auch der Sklavenhandel war hier inbegriffen. Sie profitierten von den enormen Mengen an Geld, die in die Stadt kamen, erbauten spektakuläre Häuser und Monumente, von denen bis heute noch viele erhalten geblieben sind. Außerdem investierten sie ihr Geld in die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Der Fluss Clyde wurde "entschlickt", so dass fortan größere Schiffe weiter flussaufwärts fahren konnten; diese Entwicklung legte den Grundstein für den industriellen Auftrieb und den Schiffbau in Glasgow im 19. Jahrhundert. Um diese Zeit gab es über 200 weltweit expandierende Werften.

Mitte des 18. Jh. zählte Glasgow 17 500 Einwohner. Am Ende des 18. Jh. waren es bereits 100 000. Nach 20 Jahren hatte sich die Zahl verdoppelt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde schließlich der Ruf des Sklavenhandels zunehmend schlechter, während die Leinenweberei eine Blüte erlebte und immer mehr Menschen in den Bannkreis der Metropole Glasgow gerieten. Das 19. Jahrhundert wurde in Glasgow zum Zeitalter des Stahls. Man stellte Lokomotiven, Schiffe und Schiffsmaschinen her, und Glasgow wurde zu einem Industriezentrum von Weltruhm, die Stadt avancierte zur zweiten Stadt im gesamten britischen Empire nach London. Im Jahre 1848 wurde die Eisenbahnverbindung zwischen Glasgow und Edinburgh eingeweiht.

Die Mittelklasse trieb die städtebaulichen Entwicklungen in der viktorianischen New Town voran. Immer mehr ungelernte Arbeiter aus den Highlands und aus dem katholischen Irland kamen auf der Suche nach Arbeit in die Slums Glasgows, das zu einem wahrhaften Moloch heranwuchs. Die Männer arbeiteten in der Schwerindustrie, während die Frauen und Kinder für Hungerlöhne in den Kohleminen und Baumwollspinnereien beschäftigt waren. Zu dieser Zeit wurde Fußball zum Sport der Arbeiterklasse: 1872 wurde der protestantische Fußballverein Glasgow Rangers gegründet, 1887 gründeten irische Emigranten den katholischen Club Glasgow Celtic; beide bekriegen sich noch heute in erbitterten, rituellen Schlachten. Im Jahr 1893 wurde das County von Glasgow City eingerichtet. Die Stadt war mittlerweile zu einer der reichsten auf der ganzen Welt geworden. Die reichen Händler finanzierten Parks, Museen und Bibliotheken. 1896 wurde in Glasgow die dritte U-Bahn der Welt eröffnet. Die Fabriken der damaligen Zeit wurden als regelrechte Prachtbauten errichtet, beispielsweise wurde die Teppichfabrik Templeton's Carpet Factory in Anlehnung an den Dogenpalast von Venedig gestaltet.

Auch kulturell entwickelte sich die Stadt weiter: Es kamen mehrere Galerien in die Stadt und die Architekten der Zeit erbauten außergewöhnliche Gebäude. Zu dieser Zeit errichtete Charles Rennie Mackintosh beispielsweise die Glasgow School of Art. Nach dem Ersten Weltkrieg litt auch Glasgow massiv unter der Weltwirtschaftskrise; dennoch wurden weiterhin Schiffe und Züge in Glasgow produziert, wenn auch preiswerte Arbeiter im Ausland der Stadt Konkurrenz machten. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Stadt den größten Niedergang in ihrer bisherigen Geschichte erdulden. 1960 hatte Glasgow rund 400.000 Einwohner und nach außen hin war noch immer das äußerliche Bild des Wohlstandes vorherrschend. In den Fabriken litten jedoch besonders Frauen und Kinder unter den unmenschlichen Arbeitsbedingungen und die Stadt wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vier Mal von der Cholera heimgesucht. Die Lebenserwartung lag inzwischen nur noch bei etwa 30 Jahren.
Die Weberei- und Werftbesitzer bereicherten sich jedoch nach wie vor ohne Rücksicht auf das Leid ihrer Arbeiter und Glasgow galt noch immer als die zweite Stadt nach London. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Glasgow das Zentrum der britischen Waffenindustrie, wo die Panzer und Schiffe für die beiden Weltkriege erbaut wurden. Die Auftragslage verschlechterte sich jedoch immer mehr: die 1970er und -80er Jahre waren zwei dunkle Jahrzehnte in der Geschichte Glasgows. Viele der Zechen und Werften mussten schließen, und im Gegensatz zum gutbürgerlichen Edinburgh hatte das industrielle Glasgow keinerlei Möglichkeiten, dem schweren Schlag der Weltwirtschaftskrise auszuweichen und schien dem Untergang geweiht. Die Arbeitslosenzahlen stiegen unaufhaltsam an und die Stadt verfiel zusehends, bis sich schließlich Mitte der 80er Jahre eine wirtschaftliche und kulturelle Renaissance ankündigte. Im West End der Stadt wuchs ein Finanzzentrum heran, in dem sich zahlreiche Banken, Unternehmen, IT-Firmen, Kanzleien und Versicherungen ansiedelten. In den drei Jahren zwischen 1998 und 2001 hatte der Finanzdienstleistungssektor Glasgows eine Wachstumsrate von 30% zu verzeichnen.
In den Vororten entstanden mehrere Einzelhandelsunternehmen und Freizeitdienstleister auf den Geländen der ehemaligen Fabriken und Schwerindustrien. Die Produktionsindustrie hat zwar ihre absolute Bedeutung für Glasgow verloren, dennoch ist der Produktionssektor der Stadt der viertstärkste Großbritanniens und stellt etwa 60% der schottischen Exportgüter her.

Seit den 1980er Jahren hat die Stadt enorme Anstrengungen unternommen, um ihr Image und ihre Architektur zu reparieren bzw. zu verbessern: die City Council rief die Kampagne "Glasgow's Miles Better" ins Leben; 1988 war Glasgow Austragungsort des National Garden Festivals am Prince' Dock in Govan. 1990 war Glasgow "Kulturhauptstadt Europas", 1999 "City of Archtecture and Design", 2003 schließlich die "Europäische Hauptstadt des Sports". Durch Umstrukturierungsmaßnahmen wandelt sich die Stadt zunehmend zum Medien- und Dienstleistungszentrum, auch als Konferenz- und Kongressstadt gewinnt Glasgow an Bedeutung. Vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit betreibt die Stadt, unterstützt durch Mittel aus britischen und europäischen Förderprogrammen, sehr erfolgreich Wirtschaftsförderung. In den letzten Jahren wurde auch der Tourismus zu einer immer stärkeren Wirtschaftskraft.

Der Besucher ist meist erstaunt, eine schöne, spannende und liebenswerte Stadt vorzufinden, in der man in einem der Restaurants oder Pubs herrlich entspannen kann oder in einem Museum sich informiert oder an der Kunst erfreut.

Kommentare

john martin (nicht überprüft), Mo., 10.06.2024 - 09:26

in der vierten zeile ist vor christus einmsl zu viel

bramm, Mi., 26.06.2024 - 21:33

Hallo, herzlichen Dank, der Fehler wurde korrigiert

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