Emden: Stadtgeschichte

Mittelalter

Um das Jahr 800 wurde an der Mündung der Ems eine kleine friesische Handelssiedlung auf einer Warft gegründet, was als Beginn der heutigen Stadt Emden angesehen werden kann. Aber erst im Jahr 1224 wurde urkundlich ein Emder Handelsschiff in London bezeugt.
Bereits seit dieser Zeit ist die Geschichte der Stadt nahezu untrennbar mit ihrem Hafen verbunden, der die wichtigste wirtschaftliche Grundlage der Stadt und ihrer Bevölkerung bildete und teilweise noch heute bildet.

Im Verlauf des 14. und 15. Jahrhundert geriet Emden immer wieder in Konflikte mit der damals den Handel beherrschenden Hanse. Einer der Gründe war, dass von Emden und anderen Orten in Ostfriesland aus die Seeräuber um Klaus Störtebeker unterstützt wurden. Aber die wahren Gründe waren sicherlich, dass der Hanse die Konkurrenz der Emder Kaufleute ein Dorn im Auge bedeutete. Infolge dieses Konfliktes wurde Emden mehrfach durch Mitglieder der Hanse, besonders aus Hamburg, besetzt. Die Hamburger zogen erst im Jahr 1447 endgültig ab.

Neuzeit

Im Jahr 1495, der Zeit des Übergangs vom Mittelalter in die frühe Neuzeit, entsandte Graf Edzard I. (1462-1528) den Emder Bürgermeister Hompe Hayen zum Reichstag in Worms. Auf dem Reichstag wurde der Stadt durch Maximilian I. (1459-1519, der letzte Ritter) ihr Wappen offiziell verliehen. Es ist das "Engelke up de Muer" (Engelchen auf der Mauer), das noch heute das Wappen der Stadt ziert.
Zeitgleich erhielt Emden das so genannte Stapelrecht, was zur Folge hatte, dass alle Schiffe, die auf der Ems an der Stadt vorbeifuhren, vor ihrer Weiterfahrt drei Tage lang ihre Waren in der Stadt anbieten mussten. Dieses sehr lukrative Privileg behielt die Stadt bis zur Abschaffung des Stapelrechts im 17. Jahrhundert.

Schlimme Folgen hatte die so genannte Zweite Cosmas- und Damianflut vom 25./26. September 1509, da sie den ursprünglichen Verlauf der Ems, der vorher in einem nordwärts geschwungenen Bogen an der Stadt vorbeiführte, so veränderte, dass der Fluss danach einen nahezu geradlinigen Weg in den Dollart und weiter zur Nordsee nahm. Die Folge dieser Richtungsänderung der Ems war, dass der Hafen der Stadt zu versanden begann. Die damit verbundene ständige Freihaltung des Fahrwassers zeigte sich schwierig und zudem kostspielig.

Ein wichtiges Standbein für den Wohlstand der Stadt war die Heringsfischerei, die endgültig erst im Jahr 1976 aufgegeben wurde. Dazu wurde bereits 1597 eine "Heringsordnung" erlassen, die u.a. die Zubereitung und Lagerung dieser Delikatesse regelte.

Im Verlauf des Achtzigjährigen Krieges (Spanisch-Niederländischer Krieg), der von 1568 bis 1648 dauerte, erkämpfte sich die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande ihre Unabhängigkeit von Spanien. Während dieser Zeit kamen zahlreiche von den Spaniern vertriebene und verfolgte Niederländer (darunter Kaufleute, Reeder und Handwerker, die meistens dem calvinistischen Glauben anhingen) in die Stadt und prägten wesentlich das hiesige religiöse Leben. Mit ihren Handelsverbindungen bescherten sie der Stadt großen Wohlstand. Zu dem Wohlstand trugen aber auch die Emder Kaufleute und Reeder ihren Teil bei. Der südliche Teil der Niederlande blieb übrigens bei Spanien. Daraus entstand im 19. Jahrhundert Belgien.

In dieser Zeit wurde Emden zu einer der wichtigsten Hafenstädte Nordeuropas. Zugleich entwickelte sich Emden durch das Wirken Johannes à Lascos und weiterer reformierter Theologen zu einem wichtigen Ort des Calvinismus, was Emden zeitweise den Beinamen "Genf des Nordens" eintrug.

Die Ems-Verlagerung infolge der Cosmas- und Damianflut konnte wegen des großen Reichtums der Stadt um das Jahr 1600 mit Hilfe eines Führungsdamms wieder rückgängig gemacht werden. Der Damm hielt allerdings nur bis 1616. In dieser Zeit wurde zudem der Emder Wall angelegt, der Emden vor der Einnahme und Plünderung im Dreißigjährigen Krieg bewahrte.

Darüber hinaus wurden in dieser Zeit eine Vielzahl von Bauwerken errichtet, so beispielsweise das zwischen 1574 und 1574 entstandene Rathaus, das Hafentor von 1635 sowie die reformierte Neue Kirche, die im Jahr 1648 eingeweiht wurde.

Erwähnenswert ist auf jeden Fall die Emder Revolution von 1595, in deren Verlauf, dem ein Glaubensstreit voranging, der ostfriesische Graf Edzard II. (1532-1599) nach Aurich vertrieben wurde, wo er später verstarb.
Im Jahr 1604 wurde der Rechtsgelehrte Johannes Althusius zum Syndikus der Stadt berufen, der in den folgenden Jahrzehnten die relative Unabhängigkeit der Stadt besondere gegenüber den Grafen und den Nachbarstädten bewahrte und stärkte. Dadurch wurde Emden zwar nicht de jure, also dem Gesetz nach, aber faktisch eine freie Reichsstadt.

Ende Dreißigjähriger Krieg bis 1933

Das Ende des Dreißigjährigen Krieges und die Rückkehr der Niederländer in ihre alte Heimat hatten für die Stadt negative Auswirkungen, vor allem auf den Gebiet des Seehandels, da mit den Rückkehrern auch deren Handelsverbindungen abbrachen und zudem beträchtliche Mengen Kapital abflossen.
Auch das Engagement des Kurfürsten von Brandenburg für die Hafenstadt als Basis für überseeische Expeditionen brachte keinen wesentlichen Aufschwung.
Nachdem der letzte ostfriesische Graf ohne Nachkommen gestorben war, kam im Jahr 1744 Ostfriesland (und damit auch Emden) an Preußen.

In der Zeit der Napoleonischen Kriege gehörte Ostfriesland eine Zeit lang zum Königreich Holland und später zu Frankreich, fiel danach aber kurz wieder an Preußen.
Nach dem Wiener Kongress trat Preußen Emden und Ostfriesland an das neu gegründete Königreich Hannover ab.
Der Wiener Kongress fand nach der endgültigen Niederlage von Napoleon vom 18. September 1814 bis 9. Juni 1815 unter der Leitung von Fürst Metternich statt. Auf dem Kongress wurden in Europa zahlreiche Grenzen neu festgelegt und neue Staaten gegründet.

Während der Zeit, in der Emden zum Königreich Hannover gehörte, wurde zwischen 1854 und 1856 die Hannoversche Westbahn-Strecke von Löhne bis Emden fertiggestellt. Löhne liegt ca. 25 km nordöstlich von Bielefeld. Mit der Bahnstrecke erschlossen die Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen in der Mitte des 19. Jahrhunderts den Westen des Königreichs Hannover.

Aber 1866 annektierte Preußen das Königreich Hannover und damit auch Ostfiesland. Im Jahr 1882 wurde von Emden nach Coney Island/New York City die erste Unterwasser-Kabelverbindung zwischen Deutschland und den USA in Betrieb genommen.
Eine wichtige Rolle für die Stadt spielte der Beginn und Aufstieg des Ruhrgebietes zu einem großen industriellen Ballungszentrum.
Dem trug die Stadt Rechnung und eröffnete am 5. Juni 1888 die Nessenlanger Schleuse mit einer nutzbaren Länge von 95 m, die den bestehenden alten Hafen tideunabhängig gemacht hatte. Am selben Tag wurde der Ems-Jade-Kanal eröffnet.
Da das Grundwasse im Stadtgebiet von Emden wegen der Nähe zur Nordsee salzhaltig war und noch ist, errichtete man zwischen 1896 und 1897 im über 11 km entfernten Dorf Tergast ein Wasserwerk, dessen Wasser über ein Rohrsystem nach Emden geleitet wurde. Das Wasserwerk versorgt noch heute die Stadt mit Wasser, das mittels Tiefbrunnen aus einer Süßwasserlinse gefördert und mittels eines 42 m hohen Turms, der zwischen 1910 und 1912 errichtet wurde, ins Leitungsnetz eingespielt wird.

Um den wachsenden Kapazitätsansprüchen der Seeschifffahrt gerecht bleiben zu können, eröffnete Emden 1901 den modernisierten und vergrößerten Seehafen, der dann am 2. Juli 1902 offiziell durch Kaiser Wilhelm II. (1859-1942) eröffnet worden war. Der Emder Seehafen bot der Stadt neue wirtschaftliche Chancen, da er vom Ruhrgebiet aus gesehen der nächstgelegene deutsche Seehafen war.
Als wichtiger Transportweg vom und ins Ruhrgebiet wurde dabei u.a. der bereits 1899 eröffnete Dortmund-Ems-Kanal benutzt. Durch Landgewinnung im Bereich des Hafens entstanden Flächen, auf denen später Industriebetriebe angesiedelt wurden. Besonders erwähnenswert ist dabei die 1903 auf Initiative des Emder Oberbürgermeisters Leo Fürbringer gegründete Firma Nordseewerke – Emder Werft und Dock AG. Die Nordseewerke war früher eine große Werft, die u.a. Schiffe für die kaiserliche Kriegsmarine baute. Bis 2009 waren hier ca. 1.400 Menschen mit Marineschiffbau, Handelsschiffbau und Schiffsreparaturen. Heutzutage werden hier Bauteile für Offshore-Anlagen hergestellt.

Da die Nessenlanger Schleuse im Laufe der Zeit zu klein geworden war, wurde 1913 die Große Schleuse eingeweiht, die eine nutzbare Länge von 260 m hat.
Damit konnten auch größere Schiffe den Emder Hafen erreichen, die vor allem Kohle aus dem Ruhrgebiet und Erze aus Emden beförderten.

Auch Emden wurde von den Krisen und Wirrungen der Weimarer Zeit mit dem steten Aufstieg der Nazis nicht verschont. So gingen die Inflation von 1923 und die Weltwirtschaftskrise nach 1929 auch an Emden nicht vorbei In der Emder Werft wurden neben Kriegsschiffen auch U-Boote gebaut.

1933 bis 1945

In Emden übernahmen die Nazis sofort nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler die Macht. Infolge der allgemeinen Aufrüstung wurde auf den Werften Emdens der Schiffsbau erheblich ausgeweitert und nach Kriegsbeginn vor allem U-Boote gebaut. Während der Reichsprogrome in der Nacht vom 9. bis 10 November 1938 wurde die hiesige Synagoge niedergebrannt. Die männlichen Juden wurden über Oldenburg in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, aus dem sie jedoch nach einigen Wochen zurückkehrten. Das rettete sie aber nicht davor, später erneut deportiert und ermordet zu werden.

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurde Emden Opfer von insgesamt 104 Luftangriffen der Alliierten, die zunächst jedoch zu keinen größeren Zerstörungen führten.
Doch der Luftangriff am 6. September 1944 veränderte alles. Rund 180 kanadische Bomber warfen ca. 15.000 Spreng- und Brandbomben ab Dabei wurden zwischen 80 bis 90% der Innenstadt zerstört, also fast die gesamten historischen Gebäude. Wegen der starken 35 Luftschutzbunker kamen bei diesem Angriff nur 47 Menschen ums Leben. Merkwürdigerweise wurden die Rüstungsbetriebe der Nordseewerke mit ihren U-Boot-Werften kaum zerstört.
Man hatte sich bewusst die zivile Innenstadt ausgesucht.

Da Emden gegen Kriegsende zur Festung erklärt worden war, kämpften die Deutschen teilweise sehr verbissen noch einige Tage gegen die vorrückenden Alliierten. Am 4. Mai 1945 (vier Tage vor der Kapitulation Deutschlands) war für Emden der Krieg zu Ende, in dessen Verlauf rund 2.130 Soldaten, die aus Emden stammten, starben, während die Zahl der zivilen Opfer mit rund 410 Menschen relativ gering war.
Emden war am Kriegsende die mit am stärksten zerstörte Stadt in Europa.

Von 1945 bis heute

Noch 1945 und 1946 wurden auf Anweisung der Alliierten die Vororte Larrelt, Uphusen und Harsweg nach Emden eingemeindet.
Der Wiederaufbau der extrem stark zerstörten Stadt wurde im Jahr 1962 mit der Wiedereröffnung des Rathauses offiziell als beendet erklärt. Dennoch gab es in den 1960er Jahren in der Stadt Barackenlager, in denen immer noch ausgebombte Personen wohnten. Flüchtlinge aus den früheren deutschen Gebieten im Osten warteten auf adäquate Unterkünfte.
Zwischen 1947 und 1950 wurde die Neue Kirche von 1648 wieder aufgebaut. Bereits Anfang der 1950er Jahre wurden auf den Werften der Stadt, mit Genehmigung der Besatzer, wieder Seeschiffe produziert.

Aber die wichtigste und zukunftsträchtigste Industrieansiedlung erfolgte 1964 mit der Grundsteinlegung für das VW-Werk, so dass bereits ab 1965 hier der VW Käfer und seit 1977 der VW Passat fabriziert wurden. In den folgenden Jahren wickelte der VW-Konzern den gesamten Im- und Export seiner Automobile über Emden ab.

Die Kommunalreform des Jahres 1972 führte durch die Eingemeindung von Wybelsum, Logumer Vorwerk, Twixlum, Petkum, Widdelswehr und Jarßum zu einer erheblichen Erweiterung des Emder Stadtgebiets.
Nachdem die wichtigsten Probleme des Wohnungsbaus beseitigt werden konnten, entstanden das Neue Theater, die Nordseehalle sowie die Fachhochschule.
Im Jahr 1976 wurde die hiesige Heringsfischerei endgültig eingestellt. In den 1980er Jahren entstand unter anderem die Kunsthalle und in den 1990ern die Johannes à Lasco-Bibliothek.

Im Jahr 2006 wurde mit der Vergrößerung und Modernisierung der Nessenlanger Schleuse begonnen, die im Jahr 2016 fertiggestellt wird. Emden steht heutzutage auch für Windkraft und moderne Energien.

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