Erstbesiedlung und Name - Von den Anfängen
Bethlehem existierte schon mindestens 3000 Jahre vor der Geburt Jesu Christi. Damals war es eine kanaanitische Siedlung. Die kaanitischen Stämme, die damals im heutigen Palästina siedelten, bauten kleine Städte, die von Mauern umgeben waren, die sie gegen Angriffe von außen schützen sollten. Eine dieser Städte war eben besagtes Bethlehem - damals als Beit Lahama bekannt, das "Haus von Lahama". Der Name bezieht sich aller großen Wahrscheinlichkeit nach auf Lahmo, den akkadischen Gott der Fruchtbarkeit, der von den Kaaanitern als Lahama adoptiert wurde. Ihm wurde in einem Tempel auf dem heutigen Geburtshügel gehuldigt, von wo aus der Blick auf die fruchtbaren Täler der Region fiel. Die genaue Bedeutung des Namens der Stadt ist aber bisher noch ungeklärt. Während das Wort "Bet" bzw. "Beit" ganz klar als "Haus" übersetzt werden kann, ist das arabische Beit Lahm als "Haus des Fleisches" und das hebräischen "Beit Lechem" als "Haus des Brotes" oder auch "Haus des Fisches" zu übersetzen.
Von ägyptischen bis hin zu biblischen Erwähnungen - Jesu Geburt
Bethlehem wurde etwa um 1350 v. Chr. in den Tell al-Amarna-Briefen erwähnt, die auf den dem Pharao Amenhotep III. unterstellten ägyptischen Gouverneur in Kaanan zurückgehen. Diese Briefe ließen den Eindruck entstehen, Bethlehem sei damals ein angenehmer Zwischenstopp für Reisende von Syrien und Kanaan nach Ägypten gewesen. Auch wird erwähnt, dass Bethlehem eine Grenzstadt in Mittel-Kanaan war und ein Außenposten zur Wüste hin. Die Philister hatten eine Garnison in Bethlehem stationiert, was die strategische Bedeutung der Stadt weiterhin beweist. Die Philister waren in das Land der Kanaaniter gekommen, haben sich mit der dortigen Bevölkerung vermischt und ließen sich v.a. an den Küsten zwischen Jaffa und Gaza nieder. Um 1200 v. Chr hatten sie schließlich die militärische Oberherrschaft über den größten Teil des Landes erreicht, das sie nun Palästina nannten.
Im Alten Testament wird Bethlehem im 1. Buch Mose (Genesis) erwähnt: Es ist von Jakob zu lesen, dem Sohn Abrahams, der mit seiner Familie nach Hebron und dabei über Bethlehem (Efrata) reiste (Gen 35: 16-19). Dort starb Rachel, seine Frau, als sie ihren Sohn Benjamin zur Welt brachte. Sie wurde an der Stelle begraben, an der sich noch heute ein Schrein ihr zu Ehren befindet. Zur damaligen Zeit war Bethlehem wenig mehr als ein kleiner, ummauerter Ort auf einem Hügel, der sich im Norden der heutigen Stadt ausbreitete. Das als die "Fruchtbare" (Efrata) bezeichnete Bethlehem wird damals überwiegend vom landwirtschaftlichen Leben bestimmt worden sein. Das ist auch aus dem Buch Ruth zu entnehmen (Ruth 2-4). Ruths Enkelsohn war der spätere König David, aus dessen Linie später Jesus Christus zurückgeführt wurde.
Im Neuen Testament liest man von einem Dekret des römischen Kaisers Augustus, der darin eine Volkszählung in allen römischen Provinzen anordnete. Dies brachte die hochschwangere Maria und ihren Mann Josef nach Bethlehem, wo Jesus dann zur Welt gekommen und später von den heiligen drei Königen besucht worden sei. Mit dem Geburtsort wurde eine Prophezeiung erfüllt, die 750 Jahre zuvor ausgesprochen worden war (Micha 5:2) - nämlich die, nach der der Messias, der Erlöser des jüdischen Volkes, eben genau in dieser Stadt geboren werde. Jesus Christus wird auch von den Moslems verehrt. Sie nennen ihn Isa und sehen in ihm einen göttlichen Propheten. So wurde Bethlehem zu einem religiös wichtigen Ort für sowohl Christen als auch Moslems. Als Jesus in Bethlehem zur Welt kam, war Herodes der Große als Vasallen-Herrscher Roms König der Provinz Judäa, die im Jahre 6 in die römische Provinz Syria eingegliedert wurde.
Jesu Geburt wird im Neuen Testament in zwei der Evangelien beschrieben. Lukas gibt an, dass Jesu Eltern in Nazareth lebten, aber aufgrund einer von den Römern angeordneten Volkszähling nach Bethlehem reisten. Bei einer Übernachtung in der Stadt sei Jesus geboren und späterhin von den heiligen drei Königen gehuldigt worden. Laut Matthäus lebten Maria und Josefin in Betlehem und flohen später vor den herodianischen Verfolgungen. Diese seien von Herodes angeordnet worden, jenem judäischen König, der darüber Kenntnis erhalten haben soll, dass in Bethlehem ein König der Juden geboren wurde. Er soll darauf die Ermordung von allen Kindern der Stadt und ihrer Umgebung angeordnet haben, die zwei Jahre alt und jünger waren. Das dürften angesichts der Größe der damaligen Stadt nicht viele gewesen sein. Josef wurde davor wohl durch einen Traum gewarnt und floh mit dem Neugeborenen und seiner Frau Maria nach Ägypten, von wo sie erst nach Herodes' Tod wiederkehrten. Historisch belegt ist die Geschichte von den herodianischen Kindermorden zu Bethlehem aber nicht.
Die Evangelien von Johannes und Markus erwähnen Bethlehem als Geburtsort Jesu nicht. So oder so: Christen glauben an Jesus Christus, den "Gesalbten", als von Gott zur Erlösung aller Menschen gesandten Messias und Sohn Gottes. Die Urchristen haben mit seinem Namen die Heilserwartungen und -verheißungen des Alten Testaments mit der historischen Person Jesus von Nazaret verknüpft. Historiker gehen davon aus, dass die Zeit der Geburt zwischen den Jahren 4 und 6 v.Chr. liegen.
Von Hadrian bis zu den Persern
Kaiser Hadrian hat die von den Christen verehrte Geburtsgrotte im Jahre 135 profanisiert und in einen heidnischen Schrein umgewandelt. So blieb es bis zur Herrschaft Kaiser Konstantins, der 313 das Christentum zur herausragenden Religion des Reiches erklärte. Es war im Jahre 325, als der Jerusalemer Bischof St. Maccarius die Gelegenheit erhielt, den Kaiser zu treffen und ihn auf den Zustand der heiligen Plätze hinzuweisen. Konstantin und seine Mutter Helena ordneten den Bau monumentaler Kirchen an, um den drei Stadien der wichtigsten Ereignisse im Leben und Wirken Christi zu gedenken - Geburt, Kreuzigung und Auferstehung. Für Bethlehem bedeutete das die Etablierung der Geburtskirche, die sich auf die korrekten Angaben der christlichen Gemeinschaft vor Ort beziehen durfte. Dort, wo die Höhle lag, in der Jesus geboren worden sein soll, wurde dann ab 326 die Geburtskirche errichtet. Sie steht heute noch an derselben Stelle wie einst und formt das natürliche Zentrum der Stadt.
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts wurde Bethlehem zu einem bedeutenden Zentrum klösterlichen Lebens. Der Hl. Hieronymus kam zusammen mit zahlreichen Pilgern im Jahre 384 in die Stadt und setzte dort seine Arbeit an der Bibelübersetzung in der heiligen Ehrwürdigkeit klösterlichen Lebens fort. Seine gewaltige Aufgabe, die Bibel ins Lateinische zu übersetzen, war ein Auftrag von Papst Damasus und sah am Ende die Vulgata, die erste lateinische Bibel, die auf originalen hebräischen und griechischen Texten beruhte. Gemeinsam mit Hieronymus waren auch die beiden römischen adligen Frauen Paula und ihre Tochter Eustochium nach Bethlehem gekommen, um ab 386 ein Leben zusammen mit dem Bibelübersetzer zu führen. Sie waren es auch, welche die frühste klösterliche Gemeinschaft in Bethlehem ins Leben riefen, die (mit einiger Unterbrechung) noch bis heute besteht. Paula nutze ihren Wohlstand, um ein Heim für Pilger und zwei Klöster zu gründen - eines für Hieronymus und seine Anhänger und eines für sich selbst und ihre Nonnen.
Als sich das Römische Reich 395 in ein westliches und ein östliches teilte, ging Palästina an das östliche, nämlich an Byzanz, oder besser: Konstantinopel. Es kam zu einem Erblühen östlich-klösterlicher Frömmigkeit und zu einer Blüte der Stadt, deren Bewohner nun durch die vielen berühmten Kirchen, Klöster und Konvents an Wohlstand gewannen. Als Justinianus im Jahre 527 oströmischer Kaiser wurde, stieg Bethlehem noch weiter auf und erlebte Erweiterungen und Neugründungen von Kirchen und Klöstern. Im Jahre 529 aber kam es zu einem Aufstand der Samaritaner, die gegen Ostrom rebellierten und in Palästina Zerstörungen und Plünderungen verübten. Viele Städte, Kirchen und Klöster gingen in Flammen auf. Und auch Bethlehems Mauern sowie die Hauptkirche blieben nicht verschont. Nachdem die Samaritaner geschlagen worden waren, wurde die Geburtskirche wieder aufgebaut - noch großartiger, als sie vordem gewesen war.
614 drangen die Perser ins Land ein, hinterließen aber in Bethlehem keine größeren Zerstörungen. 637 war es der Kalif Umar ibn al-Khattab, der Bethlehem besuchte und mit den kirchlichen Autoritäten vor Ort ein freundliches Verhältnis unterhalten habe, was auch unter seinem Nachfolger bis 1009 beibehalten wurde. Doch in jenem Jahr hat der Kalif al-Hakim nicht nur die Grabeskirche in Jerusalem zerstören lassen, sondern auch eine Verfolgung der Christen angeordnet. Dennoch ließ er Bethlehem unzerstört. Christen wurden aber zu einer Abgabe verpflichtet.
Von den Kreuzfahrern bis zur osmanischen Besetzung
Die Eroberung des heiligen Landes durch die Kreuzfahrer im Jahre 1099 eröffnete ein neues Kapitel auch in der Geschichte Bethlehems. Gottfried von Bouillon, der die Regentschaft über Jerusalem übernehmen sollte, sendete Tankred von Tarent nach Bethlehem, der dort die Geburtskirche besetzte. Die christlichen Herrscher Balduin I. und II. wurden später beide in Bethlehem gekrönt. Die christlichen Ankömmlinge etablierten in kürzester Zeit eine neue Priesterschaft, welche den lateinischen Ritus ausübte. Zudem wurde die Stadt umgebaut und zu einem befestigten Außenposten. Die Kreuzfahrer sollten das Leben nun für zwei Jahrhunderte prägen und der Stadt eine erneute Blüte bringen. Sie vermischten sich mit der lokalen Bevölkerung und öffneten Bethlehem im 12. Jahrhundert immer mehr den europäischen sozialen und kirchelichen Einflüssen. Pilgrims aus allen Ländern durften die heiligen Stätten besuchen, was auch den lokalen Handel (mit Devotionalien v.a.) beflügelte.
Im Jahre 1187 eroberte Saladin (Salah El-din) die Stadt. Obwohl die Geburtskirche unberührt blieb, rissen die Beziehungen zum Westen ab und Bethlehem versank in Bedeutungslosigkeit. Der lateinische Bischof und die Priester mussten die Stadt verlassen, was sich auf das Leben der lokalen Bevölkerung sehr ernst auswirkte. Denn durch die Vertreibung der lateinischen Gemeinde und das Absickern der Pilgerströme erlebten die örtlichen Händler einen wirtschaftlichen Niedergang. Bethlehem wurde zu einer lokalen Kleinstadt. Nachdem zwei Verträge - einer zwischen Friedrich II. und dem ägyptischen Sultan Malek el-Kamel sowie einer zwischen dem König von Navarra und dem Sultan von Damaskus - geschlossen wurden, verblieb Bethlehem von 1229 bis 1244 in christlicher Hand. Der Kanon des Hl. Augustinus etabliert sich erneut; und die Geburtskirche stand der christlichen Welt wieder offen.
Im Jahre 1250 endete die Phase der Toleranz, als die Mamluken an die Macht kamen und mit ihnen der fanatische Sultan Rukn ed-Din Beibars. Beibars ordnete 1263 die Zerstörung der Stadtbefestigung Bethllehems an. Wurde auch die Geburtskirche nicht angetastet, so mussten doch die Christen die Stadt verlassen.
Im 14. Jahrhundert erstarkte der westliche Einfluss auf die Stadt wieder. Franziskanermönche ließen sich in Bethlehem nieder. Sie betreuten die Geburtsgrotte ab 1347, verwalteten sie und erhielten von Sultan Qaita Bey auch das Recht, das Kirchendach zu restaurieren. Einige Jahre später aber wurde der lateinische Einfluss wieder zurückgedrängt.
Von 1517 bis zum Ende der Osmanischen Herrschaft
Mit der türkischen Besetzung ab 1517 begann die Zeit der Konflikte zwischen den Franziskanern und den Griechisch-Orthodoxen um den Besitz der Heiligtümer, aus denen letztere erfolgreich hervorgingen. Die Hohe Pforte, also das osmanische Kalifat, favorisierte die griechisch-orthodoxe Kirche.
Im 17. und 18. Jahrhundert stand Bethlehem an der Schwelle zur Moderne. Intensiver und lang anhaltender Kontakt der Lokalbevölkerung zu westlich-christlichen Pilgern machte sie mit deren Sitten vertraut. Die wirtschaftliche Lage verbesserte sich. Ab 1831 stand Palästina unter ägyptischer Kontrolle. Während dieser Zeit kam es zu Gewalttaten, Räubereien und zum Mord an einem Parteigänger Ibrahim Pashas im Jahre 1834. Dies resultierte in der Zerstörung des muslimischen Viertels und der Entwaffnung der ganzen Bevölkerung. Bis 1841 war die Stadt wieder unter türkischer Oberherrschaft, was Arbeitslosigkeit, hohe Steuern, Unterdrückung und erzwungenen Militärservice nach sich zog. Diese schlechten Lebensbedingungen trieben viele zum Auszug aus Bethlehem und zum Auswandern - vor allem nach Amerika. Bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert waren es viele europäische Missionare, die nach Bethlehem gekommen waren, um sich zu engagieren und Schulen zu unterhalten.
Im Jahre 1917 endete die türkische Oberherrschaft, und Palästina kam unter britisches Mandat. Damals lebten etwa 8000 Menschen in der Stadt. 11.700 waren es, als sich die Briten 1948 aus Palästina zurückzogen. Nun begannen die Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern (und Arabern) und Juden. Letztere gründeten 1948 ihren Staat Israel. Bethlehem blieb unbesetzt und wurde 1952 unter die Verwaltung des Königreichs Jordanien gestellt. Mit dem so genannten Sechs-Tage-Krieg von 1967 eroberten die Israelis das Westjordanland und mit ihm auch Bethlehem. Die Zeit der Besatzung begann. Die Sadt blieb israelisch bis 1995, als die Palästinensische Autonomiebehörde die volle Kontrolle über die Stadt übernahm - in Übereinstimung mit den Verträgen von Oslo (1993). Diese neue "Unabhängigkeit" wurde im Beisein von PLO-Führer Arafat gefeiert.
Bethlehem bis zur Gegenwart
Zum Jahr 2000 wurde in Bethlehem fieberhaft an einem gigantische Projekt gearbeitet, das vornehmlich aus dem Ausland finanziert und "Bethlehem 2000" genannt wurde. Damit verbunden waren die großen Hoffnungen, die Stadt in eine touristische Destination zu verwandeln, die (jedenfalls infrastrukturell) mit Jerusalem oder Tel Aviv verglichen werde könne. Und es sah gut aus. Seit 2000 machten israelische Reiseleiter wieder Touristenführungen in Bethlehem, und Auswanderer kehrten zurück. Neue große Hotelbauten entstanden. Der Krippenplatz wurde autofrei, und die vielen Andenkenläden lebten besser und besser von den Tagestouristen. Leider brach der große Eifer für das Jubiläumsjahr 2000 mit dem Ausbruch der Zweiten Intifada und der damit verbunden Gewalt von beiden Seiten ab. Es kam zu mehrmaligen Besetzungen der Stadt. Den großen Schäden an Bauwerken und Menschen folgte der israelische Sperrzaun, der den Tourismus erschwerte und viele große Hotels an den Rande des Bankrotts brachte.
Im Mai des Jahres 2002 - während einer israelischen Offensive auf dem Krippenplatz - besetzten 40 teilweise bewaffnete Palästinenser die Geburtskirche und hielten sie 5 Wochen lang unter ihrer Kontrolle. Mit ihnen waren etwa 160 andere Personen auf dem Kirchenkomplex eingeschlossen, zu denen Priester, Mönche und Nonnen gehörten. Die Anlage wurde vom israelischen Militär belagert und angegriffen. Viele Menschen verloren ihr Leben, als israelische Snipers auf die Besatzer abgefeuert wurden. Die Belagerung der Geburtskirche endete damit, dass einige Besatzer nach Europa und andere nach Gaza ausgeflogen wurden. Die übrigen wurden freigelassen.
Nach der Intifada ist Gewalt in Bethlehem heute mehr und mehr ein Ding der Vergangenheit und man arbeitete weiter an dem, was für das Jahr 2000 erhofft war. Heute hat sich die touristische Lage in der Stadt erheblich verbessert. Ungefähr die Hälfte aller Touristen übernachtet in Bethlehem. Die Besucher gehen in die dortigen Restaurants und kaufen in den Souqs und Souvenirläden ein. Die Hoffnung ist wieder da - und sie ist berechtigt.
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