Lambliasis

Überblick
Bei Lambliasis (auch Lambliose, Giardiasis, Giardiose) handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die in erster Linie den Dünndarm, seltener die Gallenblase und die Gallenwege betrifft.
Die Krankheit ist nach dem tschechischen Arzt Wilhelm Dusan Lambl (1824-1895) benannt, der die Erreger der Lambliasis im Jahre 1859 entdeckt.

Name der Erkrankung Lambliasis
Weitere Bezeichnungen Lambliose, Giardiasis, Giardiose
Vorkommen/Häufigkeit weltweit, v.a. in gemäßigten Klimazonen
Ursachen Infektion mit Parasiten
Erreger Giardia lamblia (Giardia intestinalis, Lamblien)
Familie Flagellata
Übertragungsweg Trinkwasser
Nahrungsmittel (v.a. Obst, Gemüse)
von Mensch zu Mensch (Hautkontakt)
Risikofaktoren, Risikogruppen Schwangere
Kinder
Rucksacktouristen
Inkubationszeit Tage bis Monate
Krankheitszeichen (Symptome) häufig symptomlos
unregelmäßig wiederkehrende Durchfälle, Fettstühle, Erbrechen
Komplikationen Flüssigkeits- und Salzverluste mit Herzkreislauf- und Nierenschädigung, Störungen der Nährstoffverwertung mit Gewichtsverlust, Gallenblasenkoliken
Diagnose Nachweis der Erreger im Stuhl oder Dünndarmsekret
Therapie Behandlung der akuten Symptome (Flüssigkeitszufuhr, Bettruhe, leichte Kost)
Antibiotika (Nitroimidazole)
Verlauf, Prognose unbehandelt kann Erreger im Darm jahrelang überleben; bei adäquater Therapie schnelle Heilung möglich
Vorsichtsmaßnahmen (Prophylaxe) hygienische Maßnahmen

Ursachen/Erreger
Erreger der Lambliasis ist der einzellige Parasit Giardia lamblia, auch Giardia intestinalis oder Lamblien genannt. Er gehört zur Familie der tierischen Flagellaten ("Geißelträger", lat. flagellum = Geißel, Peitsche). Der Parasit besiedelt den Dünndarm des Menschen und anderer Säugetiere wie Affen, Kaninchen, Hunde oder Katzen. Er führt nicht immer zu Krankheitserscheinungen.

Giardia lamblia kommt in zwei verschiedenen Vegetationsstadien vor. In der Dünndarmschleimhaut seines Wirtes, dem Menschen oder einem Tier, lebt er in Form sog. Trophozoiten. Die Gestalt solcher Trophozoiten ähnelt der einer längsgespaltenen Birne. Sie sind 9-21µm lang und besitzen acht Geißeln. Die Verbreitung von Giardia lamblia erfolgt in Form ovaler Zysten, die v.a. in kühlem Wasser (8°C) lange überleben können.

Übertragungs- bzw. Ansteckungswege
Die Übertragung der Zysten erfolgt in vielen Fällen indirekt über verunreinigtes Trinkwasser bzw. Nahrungsmittel (v.a. Obst und Gemüse). Auch eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch durch Hautkontakt ist möglich (z.B. ungewaschene Hände nach dem Toilettengang). Enges Zusammenleben unter schlechten hygienischen Verhältnissen fördert die Ausbreitung der Infektion.
Die Parasiten gelangen über den Mund und die Verdauungswege in den Dünndarm und besiedeln dessen Schleimhaut. Hier vermehren sie sich und können oft jahrelang überleben. In seltenen Fällen befällt Giardia lamblia auch die Gallenblase und die Gallenwege.

Inkubationszeit
Die Inkubationszeit, d.h. die Zeit zwischen dem Beginn der Infektion (Aufnahme der Parasiten) und dem Auftreten von Krankheitszeichen, variiert bei Giardiasis zwischen wenigen Tagen bis Monaten.

Anzeichen, Symptome
Häufig verursacht eine Infektion mit Giardia lamblia keinerlei Symptome. Da die Erreger jahrelang im Dünndarm überleben können, werden sie von den Betroffenen mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Infizierten sind in solchen Fällen, obwohl selbst nicht erkrankt, eine potenzielle Infektionsquelle für andere Menschen.

Bei einem Teil der Infizierten verursachen die Lamblien im Dünndarm chronische Entzündungen und Schädigungen der Schleimhaut. Es kommt zu unregelmäßig wiederkehrenden Durchfällen und Erbrechen. Die Patienten leiden häufig an Störungen der Nährstoffaufnahme durch den Darm (Resorption) und scheiden Fettstühle aus. Sie verlieren dann innerhalb von Monaten stark an Körpergewicht. Gelegentlich kann auch Fieber auftreten.

Diagnose
Lamblien können im Stuhl oder im Sekret des Dünndarms nachgewiesen werden. Jedoch muss es Hinweise geben, um nach den Lambien gezielt zu suchen.

Behandlung/Therapie
Die Patienten sind durch wiederholte Durchfälle und Erbrechen häufig geschwächt und benötigen Bettruhe und Wärme. Können sie die entstehenden Wasser- und Salzverluste nicht über das Trinken ausgleichen, muss ihnen Flüssigkeit in Form von Infusionen über eine Vene zugeführt werden. Falls - z.B. während einer Reise - eine Infusionstherapie nicht unmittelbar verfügbar ist, können die Patienten zur Überbrückung fertige Elektrolyt-Zucker-Mischungen trinken. Diese gleichen Salz- und Flüssigkeitsverluste bis zu einem gewissen Grad aus. Sie sind nur mit abgekochtem Wasser zu verwenden. Um den Darm nicht zusätzlich zu belasten, sollten die Betroffenen höchstens leichte Kost (z.B. Weißbrot, Zwieback, Bananen) zu sich nehmen.

Die Infektion selbst kann mit den Antibiotika Metronidazol und Tinidazol aus der Gruppe der Nitroimidazole behandelt werden. Die Dauer der Behandlung beträgt ca. eine Woche. Auch infizierte Personen, bei denen keine Beschwerden auftreten, sollten behandelt werden. Sie scheiden die Erreger mit dem Stuhl aus und stellen somit eine potenzielle Gefahr für andere dar. Darüber hinaus kann die Krankheit auch zu einem späteren Zeitpunkt noch ausbrechen.
Kinder dürfen - in geringeren Dosen - ebenfalls mit Metronidazol behandelt werden.

Bei schweren Durchfällen können unter Umständen Stopfmittel, sog. Obstipantien, wie Mucilaginosa, tanninhaltige Präparate oder medizinische Kohle angewendet werden. Eine solche Therapie bedarf jedoch der ärztlichen Kontrolle und sollte grundsätzlich nur eine vorübergehende Maßnahme sein.

Verlauf, Prognose
In der Mehrzahl der Fälle verläuft eine Lamblieninfektion symptomlos oder mit nur leichten Beschwerden. Sie kann jedoch durch wiederholte Durchfälle und Erbrechen zu Flüssigkeits- und Salzverlusten führen, die eine Belastung für den Herzkreislauf oder die Nieren darstellen. Vor allem bei vorgeschädigten Patienten können dann ernsthafte Komplikationen wie Blutdruckabfall, Herzkreislauf- oder Nierenversagen auftreten.

Lange Verläufe mit dauerhafter Schädigung der Schleimhaut im Dünndarm verursachen Störungen der Nährstoffaufnahme (Resorptionsstörungen), so dass die Patienten an Körpergewicht verlieren. Mangelzustände, z.B. an fettlöslichen Vitaminen, mit entsprechenden Komplikationen sind die Folge.
Bei einem Befall der Gallenwege und der Gallenblase durch Lamblien kommt es mitunter zu Koliken, die für die Betroffenen sehr schmerzhaft sein können.
Wird eine Lambliasis frühzeitig behandelt, ist in der Regel eine rasche Heilung möglich.

Vorkommen/Häufigkeit
Giardia lamblia ist weltweit, insbesondere in gemäßigten Klimazonen verbreitet. Auch in Europa kommt der Dünndarmparasit relativ häufig vor. Genaue Zahlen zur Infektions- und Erkrankungshäufigkeit sind allerdings nicht bekannt.

Risikofaktoren/Risikogruppen

  • Schwangere
    Während der Schwangerschaft ist eine Erkrankung mit Lambliasis besonders problematisch. Starker Flüssigkeitsverlust und dadurch bedingte Veränderungen im Salzhaushalt bergen sowohl für die Schwangere als auch für das ungeborene Kind große Risiken. Entwicklungsstörungen des Kindes sowie Tod-, Fehl- oder Frühgeburten können bei ungenügender Behandlung der Symptome auftreten.
  • Kinder
    Kinder leiden unter den Symptomen einer Durchfallerkrankung besonders stark. Flüssigkeitsverluste führen bei ihnen schnell zu Austrocknung und lebensbedrohlichen Zuständen.
  • Rucksacktouristen
    Reisende, die auf eigene Faust in Reiseländern unterwegs sind, haben grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für Durchfallerkrankungen. Spezielle Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Lebensmitteln und Getränken sind deshalb ratsam.

Impfung
Eine wirksame Impfung zur Vorbeugung der Lambliasis existiert nicht.

Expositionsprophylaxe
Hygienische Maßnahmen: Um die Verbreitung von Lamblien einzudämmen, sind in erster Linie hygienische Maßnahmen notwendig. So können Gewässer durch den Bau sauberer sanitärer Einrichtungen von menschlichen Ausscheidungen freigehalten und Trinkwasser durch Aufbereitungsanlagen gereinigt werden.
Chemoprophylaxe
Eine medikamentöse Vorbeugung von Infektionen mit Giardia lamblia ist derzeit nicht möglich.
Naturheilkundliche Vorsichtsmaßnahmen, Ernährung
Die Erreger der Lambliasis werden häufig durch verunreinigte Lebensmittel (v.a. Obst, Gemüse) und Trinkwasser übertragen. Aus diesem Grund können Reisenden in entsprechende Risikogebiete zum Schutz vor einer Infektion folgende hygienische Maßnahmen empfohlen werden:
  • Vor dem Essen grundsätzlich die Hände mit abgekochtem Wasser waschen.
  • Rohes Obst und Gemüse vor dem Verzehr am besten gründlich mit abgekochtem Wasser waschen bzw. schälen.
  • Alle Speisen gut garen. Auf den Genuss von rohem Fleisch (z.B. Tatar) oder rohen Meeresfrüchten lieber verzichten.
  • Wasser - auch Leitungswasser - vor dem Trinken abkochen oder mithilfe spezieller Mikrofilter reinigen. Zu beachten ist, dass die sonst üblichen Entgiftungstabletten zur Reinigung von Wasser gegen Lamblien unwirksam sind. Milch sollte nie ungekocht getrunken werden. Unproblematisch sind frisch gekochter Tee oder Kaffee und alle kohlensäurehaltigen Getränke aus industriegeschlossenen Behältern (z.B. Cola- oder Wasserflaschen, Dosen). Allerdings ist beim Kauf von Wasserflaschen auf den Originalverschluss zu achten, da die Flaschen in manchen Ländern nach ihrem Erstgebrauch nicht selten mit Leitungswasser wieder aufgefüllt werden. Vorsicht vor dem Genuss von Eiswürfeln - sie können mit Parasiten kontaminiert sein.

Linktipp zur WHO

www.who.int
Informationsseite der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Tipps für Reisende zur Vorbeugung von infektiösen Durchfallerkrankungen (Englisch).

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