Russland: Geschichte

Russlands Geschichte ist extrem vielseitig. Stärker als in anderen Ländern ist die russische Geschichtsschreibung von dem Blickwinkel des jeweiligen Autors zeit- und ortsgebunden beeinflusst und folgt den historischen Denkmustern der jeweiligen Epoche. Diese Selbstdarstellungen spiegeln in ihrer Gesamtheit ein recht authentisches Bild von Russland wider, und helfen dem Besucher, das eigenwillige Land zu verstehen. Anhand der Jahreszahlenauflistung wird hier versucht, ein "neutrales" Bild von Russlands Geschichte zu zeichnen.

Bis etwa zum Jahr 1000

862
gründete der Stammvater der Rjurikiden-Dynastie, Rjurik, am Ufer das Wolchows die heute älteste russische Stadt Nowgorod.
863
begründeten der Philosoph Kyrill (827-869) und sein Bruder Method (um 815-885) mit der Billigung Roms die slawische Orthodoxie und das slawische Schriftentum.

Das Kiewer Rus
879-912
gelang es Fürst Oleg, 14 ostslawische Stämme unter seiner Herrschaft zu vereinigen. Sein neues Reich erstreckte sich von Karelien im Norden bis zu den Steppengrenzen im Süden und vom Dnjestr bis zur Wolga. Zentrum des gleichnamigen Reiches wurde die Stadt Kiew. 911 schloss Fürst Oleg einen Handelsvertrag zwischen seinem Kiewer Rus und Byzanz. Äußerst intensive Handelsbeziehungen waren die Folge.
Das Wort "Rus" stammt ursprünglich von dem griechischen Rhos (=Quellen) ab und war die Bezeichnung für die warägische Oberschicht des entstandenen Reiches. Im Laufe der Zeit übertrug sich der Begriff auf die ostslawische Bevölkerung, um in "Russland" schließlich Bezeichnung des Heimatlandes der Russen zu werden.
988 erfolgte die Christianisierung des Rus unter Wladimir (978-1015). Slawisch wurde als Kirchensprache eingeführt und anerkannt, da die russisch-orthodoxe Kirche dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellt wurde.

Vom Jahr 1000 bis zum 17. Jahrhundert

1015
Der Tod Wladimirs führte zu Bruderfehden: Swjatopolk ließ seine Brüder Boris und Gleb erschlagen, die später als erste Heilige der russisch-orthodoxen Kirche verehrt wurden.

1019-1054
Mit Jaroslawl dem Weisen begann die politische und kulturelle Blütezeit des Kiewer Rus. Die innere Sicherheit stärkte er durch die allgemeingültige Gesetzesordnung, die "Russkaja prawda", und die Reichshauptstadt Kiew ließ er zu einer prachtvollen Residenz umbauen, deren Mittelpunkt die 1037 begonnene Sophien-Kathedrale bildete. Jarowslawls Kirchenpolitik war geprägt von Bemühungen um die Eigenständigkeit gegenüber Byzanz, so dass er 1051 ohne die Einwilligung des Patriarchen von Konstantinopel seine Hofgeistlichen Ilarion zum neuen Metropoliten des Kiewer Rus wählen ließ. Zahlreiche Klöster wurden in dieser Zeit gegründet. Seit Mitte des 11. Jahrhunderts entwickelten sich neben Kiew einige Städte zu aufstrebenden Handelsstädten. Besonders die Kaufmannsschicht spiegelte das neue Selbstverständnis der Städte wider. Es traten Volksversammlungen (Wetche) in Nowgorod, Rostow, Welikij und Pskow zusammen.
1054 teilten die fünf Söhne Jaroslawls das Kiewer Rus unter sich auf. Erbfolgekriege sowie kriegerische Übergriffe der Steppennomaden führten zur Bildung von neuen politischen Zentren im Nordosten des Rus. Es entstanden u. a. die Fürstentümer Wladimir-Susdal und Rostow Welikij.

1113-1132
Die Vormachtstellung des Kiewer Fürstenhauses war innerhalb des Rus sehr stark geschwächt. Großfürst Wladimir II. (Monomach) und sein Sohn Großfürst Mstislaw I. verteidigten ein letztes Mal ihr Fürstenhaus erfolgreich.

1136
Die Stadt Nowgorod löste sich vom Kiewer Fürstentum.

1147
Moskau wurde von Jurij Dolgorukij, Fürst von Susdal, gegründet. Erbitterte Kämpfe begannen um die Vorherrschaft im Kiewer Rus.
1169 wurde Kiew, die Rus-Hauptstadt, von Andrej Bogoljubskij (1157-1174) zerstört. Die Residenzhauptstadt seines Großfürstentums wurde Wladimir. Aufgrund seines starken Anspruchs auf Alleinherrschaft wurde Bogoljubskij 1175 Opfer einer Verschwörung der Bojaren.

1176-1212
Die russischen Fürstentümer gewannen immer mehr an Bedeutung, das Fürstentum Wladimir-Sudal erlebte unter Wsewolod III. den Höhepunkt seiner Machtentfaltung. Folge des Machtzuwachses der Fürstentümer waren immer neue kriegerische Konflikte, einziger Friedensstifter war der vereinigende Einfluss der Kirche.

Die Tatarenherrschaft
1223
Der Zerfall des Rus in weitgehend isolierte Einzelfürstentümer läutete die Tatarenherrschaft ein. Dschingis Khan fiel in die südrussischen Steppen ein, sein Enkel, Batu Khan, eroberte 1240 Kiew und brachte somit ganz Russland (mit Ausnahme von Pskow und Nowgorod) in tataro-mongolische Gewalt. Das tataro-mongolische Machtzentrum wurde die Stadt Sarai am Unterlauf der Wolga. Das Reich der Tataren oder auch das Reich "Der Goldenen Horde" reichte von Irtysch und dem Dnjestr sowie von der Wolga bis zum Kaspischen und zum Schwarzen Meer.

1240
Der Fürst von Nowgorod, Alexander Newskij (der Beiname bezieht sich auf den Fluss Newa), bewahrte durch seine Siege über die Schweden (1240) und besonders über den Deutschen Orden auf dem Eis des Peipus-Sees (1242) Russland vor der päpstlichen Missionierung zum Katholizismus.
1263 wurde die Stadt Wladimir das Machtzentrum des russischen Reiches. Alexander Newskij trat in die Dienste des Enkels von Dschingis Khan, Batu Khan, und erhielt wegen seines Erfolgs als machtbewusster Vasall einen Großfürstentitel. Der Metropolit verlegte seinen Sitz von Kiew nach Wladimir (1299).

1328-1340
Iwan I. (seit 1325 Fürst von Moskau) wurde vom Khan der Goldenen Horde zum Großfürst von Wladimir ernannt. Doch Iwan I. verlegte seinen Wohnsitz nicht in das neue Großfürstentum, sondern nach Moskau (1328). Dort begann er mit dem Ankauf von Ländereien, womit er seine Politik der "Sammlung der russischen Erde" einleitete. Während seiner 12-jährigen Herrschaft konnte er sein Territorium verdreifachen.

1359-1389
Der Großfürst Dmitrij Donskoj machte Moskau zum Zentrum des Großrussischen Reiches. Erfolgreich führte er auch die russischen Truppen gegen die Tataro-Mongolen auf dem Schnepfenfeld beim Dom in die Schlacht. Trotz des 1382 erfolgten Vergeltungsschlags der Mongolen auf Moskau blieb das russische Selbstvertrauen gestärkt.

1389-1462
Der Kampf um die Großfürstenwürde entflammte erneut, aber auch die instabilen Machtverhältnisse wurden durch kriegerische Konflikte bei der Goldenen Horde deutlich.

1439
Die Union der römisch-katholischen und der byzantinischen (griechisch-ortodoxen) Kirche auf dem Konzil in Ferrara/Florenz stieß in Russland auf heftigen Widerstand.

1488
Als Reaktion auf die Union der Kirchen in Florenz wurde durch die Wahl des Bischofs von Rjasan zum Metropoliten "von Kiew und ganz Russland" die Selbständigkeit der russisch-orthodoxen Kirche eingeleitet. Die Eroberung Konstantinopels 1453 durch die osmanischen Türken bestärkte Russland, das Erbe des byzantinischen Reiches anzutreten.

1462-1505
regierte Iwan III. als "Herrscher von ganz Russland" das Land. Durch die Heirat der Nichte des letzten byzantinischen Kaisers (1472) erhielt Iwans Herrschaft einen imperialen Charakter: der byzantinische Staatsbegriff der Symphonia, die Idee der Einheit von Kirche und Staat, wurde zur Staatsdoktrin.

1478
Moskau gelang die Unterwerfung Nowgorods, womit die Politik des "Sammelns der russischen Erde" erfolgreich abgeschlossen wurde.
1480 stellte Iwan III. die 1325 begonnenen Tributzahlungen an die Goldene Horde ein un beendete die 250-jährige Fremdherrschaft der Tataro-Mongolen.

Das "Dritte Rom" und sein erster russischer Zar
1510
Nach dem Fall von Konstantinopel verstand sich Russland als Wahrer und Bannerträger byzantinischer Traditionen auf religiös-kulturellem sowie auf politischem Gebiet. Die russischen Selbstherrscher betrachteten sich als die einzig legitimen Herrscher der Christenheit in der Nachfolge Rom und Byzanz. Kernstück ihrer Staats- und Reichsideologie war die von Mönch Filofei 1510 formulierte Aussage, dass Moskau das dritte - und letzte - Rom sei. Dieser Gedanke sollte sich über Jahrhunderte in der imperialen Politik der Zaren widerspiegeln.

1533-1584
Regierungszeit von Iwan IV. - er wurde "der Gestrenge" und später aufgrund seiner Regierungspolitik der "Schreckliche" genannt.

1547
Iwan IV. wurde zum Zaren gekrönt und heiratete die Bojarentochter Anastassija Romanowa. Die Ehe verband die Dynastie der Rjurikiden mit der der Romanows. Unter Iwan IV. gab es zum ersten Mal die Vorform eines stehenden Heeres.

1552
Durch die Eroberung von Kasan schuf Iwan IV. die Grundlage zu einem Vielvölkerreich. 1556 erfolgte der Anschluss von Astrachan.

1558-1582
Während des Livländischen Krieges errichtete Iwan IV. die Opritschnina, seine Leibgarde, und ging gegen seine Feinde im Innern des Landes vor (1565-1572). Er erließ ein Gesetz, das die Bauern auf Lebenszeit and die Scholle band (1582). Das Land wurde von der Pest und von Hungersnöten geschwächt. Ataman Ermak Timofejew eroberte das westsibirische Khanatas.

1584-1598
Regierungszeit von Fjodor I. - unter seiner Herrschaft wurde der erste Zugang Russlands, der Hafen Archangelsk, 1584 erbaut.
1589 erfolgten die endgültige Unabhängigkeit der russisch-orthodoxen Kirche von Konstantinopel und die Errichtung des Patriarchats in Moskau.

1598
Die Rjurikiden-Dynastie endete und die Reichsversammlung wählte Boris Godunow zum Zaren.

Unruhige Zeiten und der erste Romanow-Zar
1605-1613
Unruhige Zeiten brachen an, da verschiedene Thronprätendenten sich als der ermordete Sohn Dimitrij von Iwan IV. ausgaben. Sie stürzten Russland in kriegerische Konflikte, u. a. durch die Herrschaft der "falschen Dimitrij" (1605/06).

1610
Moskau wurde zwei Jahre von polnisch-litauischen Truppen belagert.

1613-1645
Während der Regierungszeit des Zaren Michail Romanow kehrte endlich Frieden in Russland ein.

1652
Unter Patriarch Nikon begann die Reformierung der russisch-orthodoxen Kirche.

1654
Anschluss der Ukraine an Russland

1656
Die Spaltung der russisch-orthodoxen Kirche begann. Altgläubige gruppierten sich um den Erzpriester Awwakum, die Anhänger der Reformen unterstützten weiterhin den Patriarch Nikon. Tausende der Reformanhänger flohen in die Wälder im Norden des Landes, um einer Verfolgung durch die Altgläubigen zu entkommen.

1667-1671
Der Kosakenführer Stenka Rasin führte einen Bauernaufstand an.

1677-1681
Im ersten Türkenkrieg versuchte Fjodor III. vergeblich die Krim - als russischen Zugang zum Meer - zu erobern.

Die Öffnung Russlands gen Westen
1682
Krönung des Peter I. zum Zaren. Durch die bewaffneten Aufstände der Strelizen wurde auch die Krönung von Peters schwachsinnigen Bruder Fjodor bewirkt. Die Regentschaft der beiden minderjährigen Brüder wurde von ihrer Halbschwester Sofia übernommen.

1689-1725
Während der Regierungszeit Peters des Großen hatte Russland nur ein einziges Jahr des Friedens (1724).

1697
Entgegen den Erwartungen Moskaus reiste Peter I. als erster russischer Zar zu Studienzwecken ins Ausland. Besonders in den Niederlanden und England suchte er Vorbilder für die von ihm beabsichtigte Modernisierung Russlands.

1698
Peter der Große schlug erfolgreich einen Aufstand der Strelizen nieder. Beginn der Petrinischen Reformen - erfasst wurden nahezu alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens.

Im 18. und 19. Jahrhundert

1700
Einführung des Julianischen Kalenders (ersetzte die byzantinische Zeitrechnung). Peter I. schaffte nach dem Tod des Patriarchs Adrians das Patriarchenamt ab und baute eine dem Staat unterstellte provisorische Kirchenleitung in Russland auf.

1700-1721
Im Nordischen Krieg verfolgte Peter I. das Ziel, Russland einen Zugang zur Ostsee zu schaffen. Seinen Kriegsgegnern, den Schweden, wollte er das Mündungsdelta der Newa abringen.

1703
Peter I. gründete an der Newa Sankt Petersburg.

1709
Sieg über König Karl XII. von Schweden bei Poltawa.

1710-1711
Erster russisch-türkischer Krieg.

1712
Sankt Petersburg wurde zur russischen Hauptstadt ernannt. Damit die Stadt zum "steinernen Paradies" werden konnte, wurde im ganzen Land das Errichten von Steinbauten verboten. Peter der Große heiratete Katharina Skawronskaja. Nach seinem Tod 1725 wurde sie zur Zarin ernannt.

1721
Im Frieden von Nystad verpflichtete sich Schweden, die Güter Livland, Estland, Ingermanland und Karelien an Russland abzutreten. Als Folge dessen nahm Peter der Große den Titel "Allrussländischer Imperator" an.

1726
Die Akademie der Wissenschaft wurde in Sankt Petersburg gegründet.

1762-1796
Die Regierungszeit Katharinas II. zeichnete sich aus durch Reformen zur Modernisierung Russlands im Sinne des aufgeklärten Absolutismus. Parallel zu den Reformen löste eine Adelsgesellschaft nach westeuropäischem Vorbild das Bojarentum ab.

1768-1774
Zweiter russisch-türkischer Krieg.

1773/74
Die Bauernrevolte unter Emeljan I.: Pugatschew verdeutlichte die politisch instabile Lage des Landes. Katharina II. verwarf daraufhin aufklärerische Reformen und liberal-humanitäre Ideen.

1783
Annexion der Krim.

1787-1792
Mit dem Frieden von Jassy endete der dritte russisch-türkische Krieg.

1805-1812
Vierter russisch-türkischer Krieg.

1812
Russland kämpfte im "Väterländischen Krieg" gegen Napoleon. Dreiviertel der Moskauer Bausubstanz fiel einem Brand zum Opfer.

1814/15
Auf dem Wiener Kongress wurde Alexander I. als "Retter Europas" gefeiert. In Berlin widmete man ihm den Alexanderplatz. Der Alexandrinische Klassizismus - das Sinnbild des gestärkten Selbstbewusstsein Russlands - wird besonders deutlich in den Städten Sankt Petersburg und Moskau.

Industrialisierung und Revolution
1816
Zahlreiche Geheimbünde wurden gegen Russlands soziale und gesellschaftspolitische Rückständigkeit gegründet.

1825
Dekabristenaufstand - er wurde von jungen Adeligen unterstützt, die für demokratische Verhältnisse in Russland eintraten. Der Aufstand scheiterte.

1853-1856
Im Krimkrieg kämpfte Russland isoliert gegen die Großmächte Frankreich, Großbritannien und die Türkei.

1861
Die Leibeigenschaft wurde in Russland aufgehoben. In deren Folge strömten Millionen Bauern in die Städte. Die Verelendung breiter Schichten der Gesellschaft setzte ein.

1873
Das Deutsche Reich, Österreich und Russland gingen das Drei-Kaiser-Bündnis ein.

1881
Attentat auf Alexander II., verübt von der terroristischen Gruppe "Volkswille". Österreich-Ungarn, das Deutsche Reich und Russland gingen den Neutralitätsvertrag ein.

1882
Die Weltausstellung wurde in Moskau eröffnet.

1887
Das Neutralitätsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und Russland wurde erneuert.

1892
Russland schloss mit Frankreich ein geheimes Militärbündnis, da es nach der Entlassung Bismarcks als Reichskanzler 1890 zu keiner Verlängerung des Neutralitätsabkommens durch den neuen Reichskanzler Leo Caprivi gekommen war.

1894
Nikolaj II. wurde Zar.

1895
Unter Lenins Leitung bereitete sich der Petersburger Kampfbund auf die Befreiung der Arbeiterklasse vor.

1898
In Minsk wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands gegründet, die spätere Keimzelle der KPdSU.

20. Jahrhundert bis heute

1903
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei spaltete sich in Bolschewiken und Menschewiken.

1904/05
Während des russisch-japanischen Kriegs erschütterten Streik und Unruhe das Land.

1905
An dem so genannten "Blutsonntag" wurden friedlich demonstrierende Arbeiter vor dem Petersburger Winterpalais niedergeschossen. Die 130 Toten gaben den letzten Anstoß zur ersten russischen, bürgerlich-demokratischen Revolution.

August 1914
Russland trat in den Ersten Weltkrieg ein und verlor wegen veralteter Kriegsgeräte Millionen Soldaten an der Front. Sankt Petersburg wurde in Petrograd umbenannt.

1917
Als Folge der Februarrevolution musste Nikolaj II. am 15. März abdanken. Eine bürgerliche Regierung, Arbeiter- und Soldatenräte übernahmen fortan die Führung Russlands. Im April begann Lenin in seiner neuen Wahlheimat Petrograd, die "Aprilthesen" zu formulieren.

07.11.1917
(nach der byzantinischen Zeitrechnung 25. Oktober) Die Bolschewiki stürmten das Petersburger Winterpalais - den Sitz der Provisorischen Regierung. Lenin entmachtete den Vorsitzenden Kerenskijs und übernahm die Regierungsgewalt. Lenin unterzeichnete im Dezember einen Waffenstillstand mit Deutschland und Österreich-Ungarn, der 1918 in einem Friedensvertrag bestätigt wurde.

Die Sowjetunion
Die Rossijskaja Sozialistitscheskaja Federatiwnaja Sowetskaja Respublika (RSFSR) wurde im Januar ausgerufen. Lenin ernannte Moskau aus militärstrategischen Gründen zum Regierungssitz und führte den Gregorianischen Kalender ein, auf den 31. Januar 1918 folgte in diesem Jahr der 14. Februar. Die Zarenfamilie wurde in Jekaterinburg Opfer eines Massakers.

1918-1921
Ein Russischer Bürgerkrieg wütete zwischen der von Trotzkij (Lew Bronstein) befehligten Roten Armee und den von alliierten Interventionstruppen unterstützten Weißen Verbänden. 1924: Lenin erlitt seinen dritten Schlaganfall und starb in Nischnij Nowgorod. Er wurde im Mausoleum auf dem Roten Platz beigesetzt. Petrograd wurde in Leningrad umbenannt.

Der Weg vom Stalinismus zur Demokratie

1924
Stalin entschied den Machtkampf in der Partei für sich und wurde neuer Generalsekretär.

Ab 1927
Beginn der Industrialisierung und Zwangskollektivierung. Eine politisch gesteuerte Hungerkatastrophe kostete Millionen das Leben.

1937
Trauriger Höhepunkt stalinistischer Terror-Politik: Millionen Menschen wurden in die Gefängnisse und Lager des Landes verschleppt oder ermordet.

August 1939
Im Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin war u. a. die Aufteilung Polens vereinbart. Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Juni 1941: Unter dem Decknamen "Unternehmen Barbarossa" überfiel die Deutsche Wehrmacht ohne Kriegserklärung Russland. Innerhalb von drei Monaten konnte die Wehrmacht bis kurz vor Moskau vorrücken.

1941-1944
Am 8. September begann die 900-tägige Belagerung Leningrads bzw. Stalingrads durch die Deutsche Wehrmacht. Erst am 27. Januar 1944 gelang es der Roten Armee, die Stadt wieder zu befreien. Die Belagerung forderte das Leben von mehr als einer Millionen Menschen. Sie sind verhungert, erfroren oder durch Artilleriebeschuss getötet worden.

1942/43
Die Schlacht um Stalingrad gilt als einer der entscheidenden Wendepunkte des Zweiten Weltkriegs. Die VI. Armee der Deutschen Wehrmacht wurde im November 1942 von den sowjetischen Streitkräften in Stalingrad eingeschlossen. Im Winter 1943 kapitulierten Generalfeldmarschall Friedrich Paulus und General Wilhelm von Seydlitz; 90.000 deutsche Soldaten gerieten in Gefangenschaft, etwa 146.000 opferten in der Schlacht ihr Leben.

8. Mai 1945
Deutschland kapitulierte bedingungslos und verlor das nördliche Ostpreußen an die Sowjetunion. Auf Seiten der Sowjetunion verloren etwa 20 Millionen Menschen im Zweiten Weltkrieg ihr Leben.
Ab 1947: Die Welt spaltete sich in zwei politische Lager (bipolare Weltordnung). Der Kalte Krieg zwischen den beiden Supermächten USA und Sowjetunion begann.

1948/49
Die Sowjetische Blockade Berlins führte zu einer Luftbrücke der Alliierten.

1953
Stalin starb.

1955
Der Warschauer Pakt wurde gegründet.

1956
Auf dem XX. Parteitag der KPdSU wurde die Entstalinisierung beschlossen. Während der Regierungszeit Nikita Chruschtschows zeichnete sich der Ansatz einer zaghaften Liberalisierung des gesellschaftlichen Lebens in der Sowjetunion ab. Im Wettlauf um das Weltall führte die Sowjetunion vor den USA: Im April 1961 war der Russe Jurij A. Gagarin der erste Mensch im All. 1964-1982: Der Nachfolger des gestürzten Chruschtschows, Leonid Breschnew, verfolgte einen strikten Reformkurs. Dem Land drohte der Verfall - nicht zuletzt wegen der politischen Starrsinnigkeit der vergreisenden Regierungsmitglieder. Die Tragweite des Wettrüstens wurde in der schlechten wirtschaftlichen Situation des Landes spürbar.

1979-1988
Afghanistan-Krieg.

1985-1991
Michail Gorbatschows Reformkurs - die Perestroika - der gesellschaftliche Umbau - brach mit der absurden Politik der greisen Parteiführung. Sein politisches Programm von Transparenz und Offenheit - Glasnost - lichtete den jahrzehntelang streng bewachten Eisernen Vorhang und verlieh den Sowjetbürger wieder eine Stimme im politischen Geschehen. 1986 ereignete sich das bisher schwerste Kernkraft-Unglück in Tschernobyl in der Ukraine. Bis heute sind die anhaltenden Schäden des Supergaus bei Mensch und Umwelt sichtbar.

1989
Gorbatschows Balance zwischen Reform und Restauration wurde immer mehr zum gefährlichen Drahtseilakt für den Parteichef. Beständig stieg der Unmut in der Bevölkerung gegen den vom Westen sehr geschätzten Politiker, auch wegen enormer Engpässe in der Lebensmittelversorgung. Sein Reformwille von oben zündelte eine nicht mehr aufzuhaltende Revolution von unten. 1991: Orthodox-kommunistische Kräfte der Armee und der Partei putschten im August und stellten Gorbatschow auf der Krim unter Arrest. Der Putsch wurde am 21. August niedergeschlagen, da der Radikalreformer und Befürworter der Freien Marktwirtschaft Boris Jelzin die Machtübernahme des "Notstandskomitees" für verfassungswidrig erklärte und die Bevölkerung zum Widerstand aufrief. Besonders der Widerstand der Städte Moskau und Sankt Petersburg trug massiv zum Scheitern des Putschs und endgültig zum Verbot der 70 Jahre allmächtigen KPdSU bei. Als Folge des Putschs trat Gorbatschow im August als Generalsekretär des KPdSU und im Dezember als Präsident zurück. Neuer Präsident wurde Boris Jelzin. Es folgte die Auflösung der Sowjetunion und die Gründung der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Leningrad erhielt seinen Gründungsnamen zurück - Sankt Petersburg.

1993
Nationalkonservative Kräfte putschten gegen Jelzin (Oktoberputsch) und wurden noch am selben Tag niedergeschlagen. Russland erlebte im Dezember die ersten freien Wahlen. 1994/95: Der brutal geführte Krieg gegen die abtrünnige Kaukasus-Republik Tschetschenien begann unter Boris Jelzins Führung. Der anfänglich als "Mann der Stunde" bezeichnete Präsident verspielte durch den Krieg und zahlreiche Fehlentscheidungen "im freien Fall" in den Kapitalismus seine Sympathien in der Bevölkerung. Mehr als 60 Millionen ehemaliger Sowjetbürger lebten unterhalb des Existenzminimums. Der Frust der Bürger schlug in Reformmüdigkeit um.
1996: Trotz seiner unpopulären Maßnahmen auf dem Weg in die Marktwirtschaft konnte Jelzin sich bei den Wahlen zur Staatsduma gegen seinen kommunistischen Herausforderer Sjuganow behaupten.

1998
Russland versuchte der großen Finanzkrise mit einer Reform des Steuersystems und des Finanzsektors entgegenzuwirken. Die Weltbank gewährte Milliardenkredite zur Stabilisierung des Rubels. Die russische Wirtschaft lag geschwächt am Boden, der Abwärtstrend schien unaufhaltsam. Auf politsicher Ebene herrschte in der Staatsduma ein dauerhafter Machtkampf zwischen den demokratisch-liberalen Reformern und der parlamentarischen Mehrheit einer antiwestlichen Allianz aus Nationalkonservativen und Kommunisten. Der wirtschaftliche Missstand Russlands führte im August zu einer Abwertung der Rubels - die Finanzkrise weitete sich zu einer Staatskrise aus.

2000
Bei den Präsidentschaftswahlen setzte sich trotz der wirtschaftskrisenreichen Regierungszeit Jelzins dessen favorisierter Kandidat Wladimir Putin durch. Binnen weniger Monate gewann der ehemalige KGB-Offizier und Auslandsagent mit dem Versprechen von Ordnung und Wohlstand die Zuneigung der Russen. Die Ankündigung einer "politisch-militärischen" Regulierung - also einem besonders harten Vorgehen gegen die tschetschenischen Rebellen in der Kaukasus-Republik - verhalf Putin nach den Anschlägen im August 1999 auf zwei Plattenbauten in Moskau (210 Tote) und im südrussischen Wolgodonsk (17 Tote und über 300 Verletzte) zu einem Wahlsieg. Dass es keine Beweise gab, ob die Bombenleger tschetschenischer Herkunft waren, wie später im Fall der Anschläge auf die Moskauer Metro 2000 und 2001, blieb außer Acht.

2001
Nach den Anschlägen in New York vom 11. 09. 2001 wurde Putin für seine Tschetschenienpolitik und seinen radikalen Militäreinsatz auf internationaler Ebene immer stärker kritisiert. 2002: Im Oktober nahmen tschetschenische Rebellen rund 800 Besucher eines Moskauer Musicals als Geiseln, auffällig war der hohe Frauenanteil unter den Rebellen. Die Befreiung der Geiseln durch russische Spezialeinheiten forderte 170 Todesopfer. Das bei der Befreiung eingesetzte Gas wurde als eine der Haupttodesursachen gesehen.
2003: Mit der aufkommenden Irak-Krise Anfang 2003 sprach sich Russland gegen die Kriegspläne der USA aus. Russland forderte wie andere europäische Staaten weitere Waffeninspektionen, um einen Krieg der USA gegen den Irak zu verhindern.

Juni 2003
Russland inszenierte eine aufwendig gestaltete Feier anlässlich des 300-jährigen Bestehens Sankt Petersburg. Die Welt war zu Gast in Russland, über 40 Regierungschefs folgten der Einladung Putins, an den Festlichkeiten teilzunehmen.
Oktober 2003: Valentina Matveenko wurde die erste Bürgermeisterin Sankt Petersburgs. Sie war in ihrem Wahlkampf von Putin unterstützt worden.

Dezember 2003
Putins Partei "Einiges Russland" konnte bei den Parlamentswahlen eine deutliche Zweidrittelmehrheit erringen. Putin hatte die uneingeschränkte Macht in der Staatsduma, die demokratische Opposition im Kreml war gescheitert. Die Kommunisten verloren fast die Hälfte ihrer Stimmen, sie waren 1999 mit 32% noch stärkste Partei. Auch der Einfluss der Rechtspopulistischen Partei unter Schirinovskij vergrößerte sich, sie wurden drittstärkste Kraft in der Duma. Der Ablauf der Wahlen ist umstritten, dennoch bescheinigten westliche Beobachter eine "freie, aber nicht faire" Wahl. Die neuen Machtverhältnisse ermöglichten Putin starke Eingriffe in die Gesetzeslage Russlands.
Anfang 2004: Putin ernannte kurz vor den Präsidentschaftswahlen im März 2004 ein neues Ministerkabinett unter der Leitung von Ministerpräsident Fradkow. Putin reduzierte die Anzahl der Ministerien von 30 auf 17 und wurde erwartungsgemäß bei den Präsidentschaftswahlen mit über 70% Wählerstimmen erneut in seinem Amt bestätigt. Wieder wurde der Wahlverlauf wie schon bei den Wahlen von 2000 von internationalen Beobachtern als frei, aber nicht fair beurteilt.

2005
Innenpolitisch strebte Putin unter den Schlagworten "gelenkte Demokratie" und "Diktatur des Gesetzes" eine Stabilisierung Russlands an. Seine Wirtschaftsreformen stärkten das einst wirtschaftsschwache Russland. Dennoch hat er bis heute keine Lösung für den Tschetschenien-Konflikt erzielt, da er Verhandlungen bzw. eine Verbesserung der Lebenssituation in der Kaukasus-Republik strikt ablehnt. Deutlich wurde seine radikale Haltung beim Schulmassaker von Beslan 2004. Außenpolitisch sieht Putin nur eine Rolle für die Russische Föderation: Unter Wahrung guter Beziehungen in den Westen möchte er Russlands Großmachtstatus wiederaufleben lassen. Deutlich wurde dieser Großmachtanspruch nicht zuletzt im Konflikt um die Erhöhung der Erdgaspreise mit dem Nachbarstaat Ukraine im Januar 2006.

Februar/Mai 2008
Bei der Wahl zum Präsidenten konnte Putin nach der Verfassung nicht mehr antreten. Als sein "Mann" kandidierte bei der Wahl am 2. März 2008 daher Dmitrij Anatoljewitsch Medwedew (geb. 1965). Er wurde bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65% mit 70% der Stimmen zum neuen Präsidenten der Russischen Föderation gewählt. Putin wird dann "unter" ihm als Ministerpräsident weiterhin in einflussreicher Position tätig bleiben. Die feierliche uns stark gesicherte Amtseinführung von Medwedew fand am 7. Mai 2008 in Moskau im Kreml statt.

7. Mai 2012
Wladimir Wladimirowitsch Putin wurde feierlich erneut in sein Amt als Präsident von Russland eingeführt

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