Peru: Geschichte

Vorzeit

Die Besiedlung des mittelamerikanischen Gebiets erfolgte vermutlich um 24.000 v. Chr. im heutigen Mexiko. Zahlreiche Funde aus dem nordöstlichen mexikanischen Hochland zeugen von einer Sammelwirtschaft, die ab dem fünften Jahrtausend v. Chr. in den Anbau von Kulturpflanzen überging. 2.000 v. Chr. entstanden sesshafte Bodenbaukulturen mit kleinen Dorfgemeinschaften. Angebaut wurden vor allem Mais, Bohnen, Kürbis und Chili.

Südamerika wurde vom Norden her über die zentralamerikanische Landbrücke besiedelt. Gesichert sind Funde aus der Zeit 7.000 bis 12.000 v. Chr. aus dem heutigen Peru. Als älteste südamerikanische Kultur auf der Basis von Feldbau gilt die Kultur von Huaca Prieta. Seit etwa 6.000 v. Chr. lassen sich im mittelandischen Hochland von Ayacucho Kulturpflanzen nachweisen. Zwischen 12.000 und 300 v. Chr. dehnte sich die Chavínkultur in Südamerika aus. Ihr Zeichen war die Verehrung einer Jaguargottheit. In diese Zeit fällt auch die beginnende Bearbeitung von Metallen. Kunst und handwerkliche Fähigkeiten entwickelten sich besonders in den Kulturen von Paracas Necrópolis, Mochica, Nazca und Tiahuanaco in der sogenannten klassischen Periode bis 600 n. Chr.

Anschließend entstand das Königreich der Chimú. Dieses Volk wurde um 1450 von den Inkas unterworfen. Ihr Gebiet wurde Teil des riesigen Inka-Reiches, das in nur 100 Jahren (1438 - 1532) errichtet worden war und sich vom Hochland Perus und Ecuadors über Südkolumbien bis weit nach Chile hinein erstreckte. Die Inka waren ein Indianervolk der Ketschuasprachgruppe. Die Gründung des Inka-Reiches erfolgte etwa um 1200 n. Chr. durch den legendäre Manko Cápac, der angeblich seinen Stamm vom Titicacasee nach Cusco führte. Die Stadt wurde Metropole eines modernen Zentralstaates. Das Reich der Inka umfasste vermutlich mehr als 12 Millionen Menschen in über einhundert ethnischen Gruppen. 20.000 Kilometer befestigte Straßen und präzise Steinarchitektur zeugen von beeindruckenden handwerklichen Fähigkeiten und organisatorischen Leistungen. Der Staatsaufbau war auf den Priesterkönig ausgerichtet, der als Sohn des Sonnengottes (Inti) angesehen wurde. Unter ihm standen die Priesterkaste und der Adel.

Nach dem Tod des Herrschers Huayna Capac 1527 oder 1528 kam es zum Erbfolgekrieg zwischen seinen Söhnen Huáscar, der sich auf die traditionelle Elite Cuzcos stützte, und Atahualpa, der das Heer hinter sich wusste. Letzterer ging aus den Kämpfen als Sieger hervor.

Herrschaft der Spanier von 1532 bis 1821

1532 landete Franzisco Pizarro (1475 - 1541) mit 183 Männern an der Nordküste Perus. Die Wirren im Inkareich nach dem Tod des Herrschers Huayna Capac durch den Erbfolgekrieg seiner Söhne sowie eine schwere Seuche, die unter den Inka ausgebrochen war, erleichterten den Spaniern die Eroberung des Reiches trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der Indianer. Atahualpa, einer der beiden Söhne Capacs hatte die Truppen seines Bruders Huáscar besiegt und ein Massaker an abtrünnigen Verbündeten geübt. Auf dem Rückweg in seine Residenz Cajamarca wurde er von den Spaniern erwartet. Er geriet in spanische Gefangenschaft und wurde hingerichtet. Pizarro besetzte die alte Inkahauptstadt Cuzco und ließ Atahualpas Halbbruder, Manco Capac II., unter dem Protektorat des spanischen Königs krönen.

Am 6. Januar 1535 gründete Pizarro die Stadt Lima. Er wehrte einen Indianeraufstand unter Manco Capac II. ab, der sich in die Berge von Vilcabamba zurückzog, wo er als "Schattenkönig" residierte. Der letzte Herrscher des besetzten Inkareiches war Tupac Amarú. Er verfügte über keinerlei Macht mehr und kämpfte gegen die spanischen Besetzer. 1572 wurde er gefangen genommen und in Cuzco öffentlich hingerichtet.

1543 wurde das Vizekönigreich Peru gegründet mit Lima als Hauptstadt. Im 16. und 17. Jahrhundert umfasste das Reich das gesamte spanische Südamerika einschließlich Panama. Pizarros Versuch, die Unabhängigkeit von der spanischen Krone zu erreichen, endete 1548 mit seiner Gefangennahme und Hinrichtung.

In den Städten, v.a. Lima, Cuzco und Quito, bildete sich in der Folgezeit eine kreolische Kultur heraus, die eine große Entwicklung in der Architektur und Malerei erreichte. Zahlreiche Universitäten wurden insbesondere von Dominikanern und Jesuiten gegründet und spiegelten die Spätblüte der spanischen Scholastik wider. Das Land war reich an wertvollen Bodenschätzen, v.a. Silber und Quecksilber. Mit grausamen Mitteln wurden die Hochlandindianer gezwungen, die Bodenschätze abzubauen. Auf dem Höhepunkt des peruanischen Silberbergbaus im 17. Jahrhundert war das Land der größte Silberlieferant der Welt. Neben dem Bergbau gab es in Peru besonders an der Küste eine stark entwickelte Landwirtschaft, v.a. Wein- und Zuckeranbau.

Im 18. Jahrhundert wurde das ausgedehnte Vizekönigreich Peru aufgeteilt, um eine bessere Verwaltung und militärischen Schutz vor Angriffen europäischer Mächte zu gewährleisten. 1739 entstand durch die Ausgliederung der heutigen Staaten Kolumbien, Venezuela und Panama das Vizekönigreich Neugranada. 1776 wurden die Gebiete des heutigen Boliviens, Uruguays, Chiles und Argentiniens ausgegliedert und das Vizekönigreich Rio de la Plata gegründet. Im Zuge der Verwaltungsreformen kam es zu einer Erhöhung von Steuern und Abgaben. Dies weckte den Unmut der peruanischen Bevölkerung und führte 1780 - 1782 zu einem Aufstand unter Führung von J. G. Condorcanqui, der sich Tupac Amarú II. nannte. Der Aufstand wurde niedergeschlagen.

1821 bis 1900

Seit 1810 tobte in Südamerika der Unabhängigkeitskampf gegen die spanische Krone. Dennoch blieb Peru zunächst Mittelpunkt der spanischen Herrschaft. Erst nach dem Einzug des argentinischen Generals José de San Martín (1778 - 1850) in Lima wurde am 28. Juli 1821 die Unabhängigkeit Perus ausgerufen. Endgültig wurden die Spanier jedoch erst 1824 bei Junín durch die Truppen Simon de Bolívars (1783 - 1830) und bei Ayacucho durch die Truppen des Generals A. J. de Sucre besiegt. In der Folgezeit regierte Bolívar, der Peru 1823 dem neu gegründeten Großkolumbien anschloss. Doch schon 1829 waren seine Herrschaft und die Zugehörigkeit Perus zu Großkolumbien beendet. Es folgte eine Zeit blutiger Bürgerkriege zwischen Konservativen und Liberalen.

1836 zwang der bolivianische Diktator A. Santa Cruz Peru, sich mit Bolivien zu einem Bundesstaat zu vereinigen. Nach Intervention von Argentinien und Chile wurde diese Zwangsvereinigung 1839 wieder aufgelöst. Peru erlangte seine Unabhängigkeit zurück. Präsident Ramón Castilla sorgte schließlich für geordnete Verhältnisse im unruhigen Peru. Er schaffte den Indianertribut ab, führte die Schulpflicht ein und sorgte mit verschiedenen Gesetzen für einen wirtschaftlichen Aufschwung, dessen Träger im Wesentlichen ausländische Unternehmen waren. 1864 wollten die Spanier Peru zurückerobern und besetzten einige Inseln. Es kam zum Krieg zwischen Peru und Spanien. 1879 wurde Peru außerdem in einen Krieg gegen Chile verwickelt (Salpeterkrieg). Nachdem die Chilenen Lima besetzt hatten, musste Peru seine Salpeterprovinzen Arica, Tacna und Tarapacá an sie abtreten. Erst nach einer Volksabstimmung im Jahr 1929 gingen die Provinzen an Peru zurück.

Nach dem Krieg liehen ausländische Investoren, allen voran britische und nordamerikanische Unternehmen, dem verschuldeten Staat viel Geld und erhielten dafür wesentliche Anteile an der Exportwirtschaft und Kontrolle über die staatlichen Eisenbahnen.

1900 bis 1980

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts, besonders während der Amtszeit Bernadino Legúias (1863 - 1932), vergrößerte sich der Einfluss der US-Investoren. Widerstand dagegen formierte sich in der APRA (Allianza Popular Revolucinaria Americana) unter ihrem Vorsitzenden Victor Raúl Haya de la Torre (1895 - 1979). Ihr Programm, das die Einheit Lateinamerikas, die Nationalisierung ausländischer Unternehmen sowie soziale Gerechtigkeit und gleiche Rechte für die Indianer Perus vorsah, kam in Konflikt mit dem Militär. 1930 stürzte das Militär vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise Präsident Legúia und ließ die APRA verbieten.

Im Zweiten Weltkrieg betrachtete sich Peru ab 1942 als Gegner Deutschlands. Zwischen Peru und Ecuador brach 1940 ein Konflikt aus, als Peru Gebiete am oberen Amazonas beanspruchte. Auf der Konferenz von Rio de Janeiro 1942 wurde der Konflikt zu Gunsten Perus gelöst.

1948 kam es zu einem Militäraufstand unter General Manuel Arturo Odría (1897 - 1974), der 1950 als Führer einer Militärjunta Präsident wurde. Ihm gelang eine weitgehende Stabilisierung von Wirtschaft und Währung. Gegen seine Militärdiktatur, die u. a. zum erneuten Verbot der APRA führte, formierte sich Widerstand im Land. Er wurde gezwungen, freie Wahlen zuzulassen, aus denen 1956 Manuel Prado y Ugarteche (1889 - 1967) als Sieger hervorging. 1962 siegte der Kandidat der APRA Raúl Haya de la Torre, doch die Militärs erkannten das Wahlergebnis nicht an. Als Sieger der angesetzten Neuwahl begann Fernando Belaunde Terry (1912 - 2002) von der Acción Popular eine Agrarreform. 1968 wurde er durch einen Militärputsch gestürzt. Der Oberkommandierende der Streitkräfte Juan Velasco Alvarado (1910 - 1977) wurde zum neuen Präsidenten ernannt. Seine radikalen Strukturreformen führten zu einer Verstaatlichung eines Teils der Industrie und der Landwirtschaft sowie der ausländischen Banken. Ein Putsch gegen ihn brachte 1975 General Francesco Morales Bermúdez (geb. 1921) an die Macht. Viele Maßnahmen Alvarados wurden zugunsten der Privatwirtschaft zurückgenommen.

Nach 1980 bis zum 21. Jahrhundert

Wirtschaftliche Schwierigkeiten mit hoher Inflation und Arbeitslosigkeit sowie zunehmende innenpolitische Spannungen führten Peru Anfang der 1980er Jahre in eine schwere Krise mit einer Eskalation der Gewalt zwischen Staat und Guerilla. 1970 hatte sich eine Organisation namens Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad, offiziell: Kommunistische Partei Perus) gegründet, die auf maoistischen Grundsätzen fußend zunächst eine politische Neuregelung in der peruanischen Provinz Ayacucho zu erreichen versuchte. Anfang der 1980er Jahre wurde die Gruppe zunehmend gewaltbereit, nachdem sie in den Untergrund gegangen war. Es kam zu einem Guerillakrieg zwischen Anhängern des Leuchtenden Pfads unter Führung von Abimael Guzmán (geb. 1934) und der Regierung. Nach zehn Jahren kontrollierte der Leuchtende Pfad große Teile des Landes. 1990 wurde Alberto Fujimori (geb. 1938) zum Staatspräsidenten Perus gewählt. Er versuchte, die Wirtschaft zu sanieren, um die Krise zu überwinden. Außerdem führte er einen harten Kampf gegen die Guerilla, bei dem viele Guerilla-Anhänger und Unbeteiligte umgebracht wurden. 1992 wurden führende Mitglieder des Leuchtenden Pfads verhaftet, darunter Abimael Guzmáns. Dem Aufruf zur Entwaffnung mit dem Angebot einer Amnestie folgten zahlreiche Untergrundkämpfer. Dennoch gab es in der Folgezeit immer wieder einzelne Attacken der Guerilla. So besetzten sie 1996 die japanische Botschaft, bei deren Befreiung durch die peruanische Armee alle Geiselnehmer, eine Geisel und zwei Soldaten getötet wurden.

1992 löste Fujimori das Parlament auf und suspendierte die Verfassung. Die folgende neue Verfassung gab dem Präsidenten umfangreiche Macht. Er errichtete eine "Regierung des Notstands und der nationalen Umstrukturierung", die mit einer diktatorischen Herrschaft gleichzusetzen war. 2000 wurde Fujimori wegen Korruption und Verstößen gegen die Menschenrechte seines Amtes enthoben und bei dem Versuch, nach Chile einzureisen, in Santiago verhaftet. Seit 2000 ist Alejandro Toledo (geb. 1946) Präsident Perus. Ende August 2003 legte eine 2001 einberufene Wahrheits- und Versöhnungskommission ihren Abschlussbericht über die 20 Jahre lang in Peru begangenen Menschenrechtsverletzungen vor.
Bei der Stichwahl vom 6. Juni 2011 besiegte der Linkssozialist Ollanta Humala (geb. 1963) knapp mit 50,7% seine Gegenkandidatin Keiko Fujimori, die 49,3% der Stimmen erhielt. Bei der vorangegeangenen Wahl im April 2011 hatte er noch 31,1% der Stimmen erhalten, was die Stichwahl vom 6. Juni erforderlich gemacht hatte. Humala hatte bei der Wahl vor 5 Jahren gegen Alan Garcia verloren, dem er jetzt im Amt nachfolgt.

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