Réunion: Geschichte

Von den Anfängen bis zu europäischen Kolonisation

Bevor die ersten Europäer im 16. Jahrhundert in den Indischen Ozean vorstoßen sollten, waren es nur die Araber und Austronesier, die ihn erforschten. So kannten sie bereits seit dem 10. Jahrhundert die Inseln der Maskarenen: Réunion nannten sie Diva Maghrebin (arab. Westinsel), Mauritius Diva Harab (arab. Verlassene- oder Wüsteninsel) und Rodrigues Diva Mashriq (arab. Ostinsel). Auf einer europäischen Landkarte erschienen die Maskarenen ein erstes Mal im Jahre 1502. Gerade erst vier Jahre zuvor hatte der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama den Indischen Ozean befahren und damit den Beginn der europäischen Kolonisation eingeleitet. Der Portugiese Pedro Mascarenhas entdeckte 1512 bei seiner Suche nach einer geeigneten Seeroute nach Indien die nach ihm benannten Maskarenen; Réunion nannte er Santa Apollonia. Der englische Pirat Blackwell (oder war es der holländische Admiral Verhuff?) entdeckte die Insel 1613 für sich und bezeichnete sie als England's forest (engl. Englands Wald). Doch bereits 1638 wurden die Maskarenen zum ersten Mal und 1942 ein weiteres Mal von Frankreich beansprucht. Der französische Madagaskar-Gouverneur Étienne de Flacourt nahm die Insel dann zum dritten Mal in Besitz und benannte sie nach dem französischen Adelsgeschlecht der Bourbonen, Île Bourbon. Doch erst 1663 wurde Le Bourbon zu einer vollwertigen Kolonie Frankreichs. Die ersten französischen Siedler wurden von so genannten Serviteurs aus Madagaskar begleitet, denen der Status von Sklaven zukam.

Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert

Im Jahre 1667 wurden die beiden Städte Saint-Denis und Sainte-Suzanne gegründet, aber erst um 1700 erkannte Frankreich die Bedeutung von Le Bourbon für den französischen Seeweg. Seit 1718 wurde auf der Insel Kaffee angebaut, womit eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs einsetzte. Auf den Kaffeeplantagen wurden schon früh Sklaven aus Afrika und Madagaskar eingesetzt.1738 löst Saint-Denis Saint-Paul in der Hauptstadtfunktion ab. Die Insel wird mehr und mehr zu einem Exportort für Gewürze.

Mit der Französischen Revolution und dem Untergang der Bourbonen wird die Insel in La Réunion umbenannt. Der Name – zu deutsch Insel der Vereinigung – bezog sich auf die Vereinigung der Revolutionäre aus Marseille beim Sturm auf die Tuilerien mit den Nationalgarden; durch dieses historische Ereignis wurde der Bourbonenkönig Ludwig XVI. vom Thron verjagt. Doch kam es schon bald zu Spannungen zwischen der Revolutionsführung und der Kolonialversammlung, denn letztere weigerte sich, den Forderungen aus Paris nachzukommen und die Sklaverei abzuschaffen. Alles eskalierte und 1798 wurde Réunion vom französischen Mutterland als „gesetzlos“ angesehen. Die Insel wird autonom. Aber mit der Machtergreifung durch Napoléon kommt La Réunion wieder an Frankreich und wird in Île Bonaparte umbenannt. Seit 1807 wird auf der Insel Zuckerrohr angebaut.

Zwischen den Jahren 1808 und 1815 wird die Insel von den Briten belagert, besetzt und schließlich in Besitz genommen. Erst mit der Wiedererrichtung des königlichen Frankreichs geht die mittlerweile wieder in Le Bourbon zurückbenannte Insel an die Franzosen zurück. Mit dem Ausruf der französischen Republik im Jahre 1948 erhält sie ihren alten Namen Réunion zurück, auch wenn sich dieser jetzt auf die Einheit mit der französischen Nation bezieht. Im selben Jahr wird die Sklaverei abgeschafft. Die noch bis 1946 als französische Kolonie fungierende Insel holt nun keine Sklaven mehr auf die Insel, dafür aber schlecht bezahlte Arbeiter, die auch eine Bevölkerungsexplosion nach sich ziehen. Zwischen 1848 und 1882 verdoppelt sich die Bevölkerung La Réunions.

Im Jahre 1849 kommt es auf Réunion zu den ersten Wahlen mit allgemeinem Wahlrecht. Außerdem bessert sich die infrastrukturelle Situation auf der Insel.

Vom 20. Jahrhundert zur Gegenwart

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhält La Réunion im Jahre 1946 den Status eines französischen Überseedépartements, also eines Départements d’outre-mer, womit die Insel zu einem integralen Bestandteil Frankreichs wird. Damit endet auf Réunion die Kolonialzeit; es kommt zu einer starken Modernisierung der Insel, die 1957 auch Teil der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird.

Der 1963 von der Bevölkerung Réunions in die Nationalversammlung gewählte Michel Debré organisierte in den Jahren nach seiner Wahl eine beispiellose Umsiedlung von mehr als 1.000 Kindern von Réunion auf das französische Festland. Die Kinder sind einfach aus ihren Familien herausgerissen worden, um in bevölkerungsschwächeren Départements eingegliedert zu werden.

Seit 1976 gibt es ein eigenes katholisches Bistum auf Réunion, dessen erster Bischof Gilbert Aubry war. 1996 wird das Sozialsystem auf Réunion endgültig an das in Frankreich angeglichen. Außerdem kommt Réunion mit dem 1997 unterzeichneten Vertrag von Amsterdam innerhalb der Europäischen Union den Sonderstatus eines Region in äußerster Randlage der Union (frz. région ultra-périphérique). Vorteile dieses Status sind erhebliche Handelserleichterungen.

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