Hildesheimer Dom und Klosterkirche St. Michael

Der Dom Mariä Himmelfahrt zu Hildesheim und die Klosterkirche der einstigen Benediktinerabtei St. Michael zeugen vom Kunsthandwerk und der imposanten Architektur romanischer Sakralbauten um die Jahrtausendwende. Insbesondere die unter Bischof Bernward entstandenen Bronzegüsse sowie die von ihm entworfene geometrisch- symmetrische Konzeption der Klosterkirche haben Hildesheim bis ins 15. Jahrhundert zu einem der bedeutenden, kulturellen Zentren Niedersachsens gemacht.
Achtung
Bis zum 15. August 2014 ist der Dom wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Die Wiedereröffnung ist der Zeitpunkt des 1200-jährigen Bistumsjubiläums.

Am Ende des 2. Weltkriegs wurden sowohl der Mariendom als auch die Michaeliskirche fast vollständig zerstört, nach Kriegsende jedoch zügig wiederaufgebaut und umfassend restauriert. Viele der ältesten Kunstschätze sowie die “Hildesheimer Rose“, auf welche die Gründung des Bistums zurückgeht, konnten auf wundersame Weise vor der Zerstörung bewahrt werden. Seit 1985 gehören die beiden Bauwerke mitsamt den Kunstwerken im Domschatz und dem so genannten 1000-jährigen Rosenstock zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Standort Hildesheim
Bauzeit Mariendom: um 870 - um 1000, Wiederaufbau nach Brand: 1054-1079, St. Michael: 1015-1033
Besonderheiten St. Michael gilt aufgrund seiner geometrischen, symmetrisch- angelegten Architektur als besonders innovativ und der Beginn einer typisch deutschen Ausrichtung des romanischen Sakralbaus. Die Berwardspforte und die Christussäule im Mariendom gelten als die ältesten erhaltenen Bronzegüsse in Mitteleuropa.
Größe Mariendom: Langhaus: Länge: 75 m, Breite: 31 m; Mittelschiff: Höhe: 15 m, Länge: 21 m, Breite: 9 m; Höhe der Vierungstürme: 39 m. Michaeliskirche: Langhaus: Länge: 74,75 m; Breite: 22,75 m; Mittelschiff: Höhe: 16,70, Länge: 27,34, Breite: 8,60; Querhäuser: Länge: 40,01 m, Breite: 11,38 m; Länge der Krypta: 18,36 m.
Nutzung sowohl im Dom als auch in der Michaeliskirche finden Gottesdienste und Konzerte statt.
Adresse/ Information Tourist information Hildesheim, Rathausstraße 20, 31134 Hildesheim Tel. 0049 - (0)51 21- 179 80, E-mail: tourist-info@hildesheim.de; Dommuseum: Tel. 0049 - (0)5121- 179 1640, E-mail: dommuseum@bistum-hildesheim.de; Dommusik: Tel. 0049 - (0)5121- 307 306, E-mail an dommusik@bistum-hildesheim.de
Öffnungszeiten Mariendom:
vom 1. November bis 15. März montags bis samstags 10.00 - 16.30 Uhr & sonn- und feiertags 12:00 – 17:00 Uhr;
vom 16. März bis 31. Oktober montags bis samstags 9.30 - 17.00 Uhr & sonn- und feiertags 12:00 – 17:00 Uhr
Dom-Museum:
dienstags bis samstags 10:00 – 13:00 und 13:30 – 17:00 Uhr & sonn- und feiertags 12:00 – 17:00 Uhr
St. Michael:
April bis September täglich von 8:00 – 18:00 Uhr;
Oktober bis März täglich von 9:00 – 16:00 Uhr

Geschichte des Hildesheimer Doms

Im Zuge der Ausweitung des karolingischen Reiches und der damit verbundenen Christianisierung Norddeutschlands im 8. und 9. Jahrhundert gründete Kaiser Ludwig der Fromme (778-840), Sohn Karls des Großen (748-814), im Jahr 815 das Bistum Hildesheim. Um die Anfände der Stadt rankt sich die Legende vom 1000- jährigen Rosenstock, die von einem kostbaren Reliquiar erzählt, welches Ludwig der Fromme während der Jagd verloren und zwischen den Blüten einer wilden Heckenrose wieder gefunden haben soll. Daraufhin ließ er an Ort und Stelle eine Kapelle zu Ehren der Gottesmutter Maria errichten und das Bistum, dessen Gründung ursprünglich im Raum Elze vorgesehen war, in jener Region zwischen Leine, Oker, Aller und dem nördlichen Rand des Harzes errichten. Die Legende steht in keinerlei Widerspruch zu den Fakten um die Anfänge der Stadt:
Die Gründung durch Ludwig den Frommen im Jahr 815 ist tatsächlich belegt und die Errichtung des ersten Doms begann nachweislich um 870 unter Bischof Altfried. Der Rosenstock, der sich an der Außenwand der Apsis im Innenhof des Kreuzgangs empor rankt, wird immerhin bereits seit 400 Jahren bezeugt. Kurz nach der Zerstörung des Doms am Ende des 2. Weltkriegs, als der Stock verbrannt und die Wurzeln unter den Trümmern begraben waren, sprossen an der so genannten “Hildesheimer Rose“ neue Triebe, die kurz darauf erblühten und somit ein neues Kapitel der Rosenstocklegende eröffneten.
Unter den Bischöfen Bernward und Godehard erreichte das Bistum Hildesheim um die Jahrtausendwende seine politische und kulturelle Blütezeit; im 11. und 12. Jahrhundert galten die Domschule und das Domkapitel als die “Pflanzschule des Reichsepiskopats“. Seine exquisite Ausstattung verdankt der Hildesheimer Dom insbesondere Bischof Bernward, der von 993 bis 1022 im Bistum Hildesheim amtierte. Bernward, der vor seinem Amtsantritt als Bischof unter anderem mit der Erziehung des seinerzeit noch minderjährigen Kaisers Otto III. (980-1002) betraut war, galt als hervorragender Diplomat und großer Kunstliebhaber. Auf seinen zahlreichen Reisen erforschte er insbesondere die Metall- und Edelsteinverarbeitungstechniken der jeweiligen Regionen. So brachte er beispielsweise aus dem Orient eine spezielle Bronzegusstechnik mit, die in seinem Bischofssitz zum Spezialhandwerk gedieh und von deren herausragender Qualität bis heute einige Meisterwerke im Dom wie unter anderem die Bernwardspforte berichten.
Im Jahr 1046 fiel der Dom einem Brand zum Opfer und wurde unter Bischof Hezilo von 1054 bis 1079 neu errichtet; ihm verdankt der Dom unter anderem seinen eindrucksvollen Radleuchter, den so genannten Heziloleuchter über dem Vierungsaltar. Auch wenn der Dom im 12. Jahrhundert als offiziell vollendet galt, wurde er zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert ständig erweitert, umgebaut und mit immer weiteren Kostbarkeiten bestückt - so beispielsweise mit dem Bronzetaufbecken, welches um etwa 1240 im nördlichen Seitenschiff des Doms aufgestellt wurde. Bis weit ins 15. Jahrhundert galt Hildesheim dank dieser kostbaren Kunstschätze und Sakralarchitekturen als eines der bedeutenden kulturellen Zentren Niedersachsens.
Als sich um 1520 die Reformation in Niedersachsen durchzusetzen begann, blieben nur wenige Klöster und Stifte in der Region Hildesheim katholisch; der Widerstand der Bischöfe Burchard von Oberg und Ernst von Bayern konnte das Bistum bis ins späte 16. und frühen 17. Jahrhundert bewahren. In den darauf folgenden 200 Jahren regierten in Hildesheim, Köln und zahlreichen, weiteren Bistümern die Wittelsbacher Herzöge. Trotz der Reformbemühungen der Fürstbischöfe Friedrich Wilhelm von Westphalen und Franz Egon Freiherr von Fürstenberg verlor das Bistum Hildesheim im Zuge der politischen Veränderungen in Europa um 1802 seine politische Eigenständigkeit und wurde während der Säkularisierung mit dem östlichen Königreich Hannover sowie dem Herzogtum Hildesheim zusammengelegt.
Kurz vor dem Ende des 2. Weltkriegs, im März 1945, fielen sowohl der Mariendom als auch die Michaeliskirche einem Luftangriff der Alliierten zum Opfer. Die Wiederherstellungsarbeiten begannen kurz nach Kriegsende und bereits in den 1950er Jahren waren der Dom und die Michaeliskirche originalgetreu wieder hergestellt worden. Die Barockisierung des Doms wurde im Zuge des Wiederaufbaus aufgegeben.
Die mitunter größten Schätze des Doms – die bronzene Bernwardspforte und die Christus-Säule – waren, so wie die Wurzeln des Rosenstocks, auf wunderbare Weise von der Zerstörung verschont geblieben. Anlässlich des 1200-jährigen Bistumsjubiläums im Jahr 2015 ist eine weitere aufwändige Renovierung und Neugestaltung des Doms vorgesehen.

Beschreibung des Hildesheimer Doms

Der dreischiffige Dom Mariä Himmelfahrt zu Hildesheim zeichnet sich architektonisch durch seine wehrhafte, frühromanische Architektur mit ihrem massiven Mauerwerk aus. Das in Ost-West-Richtung gelagerte Langhaus mit seinem Mittel- und den zwei schmaleren Seitenschiffen wird von dem Querhaus im rechten Winkel durchdrungen, so dass der Grundriss einem Kreuz entspricht. Der Mariendom verfügt im Gegensatz zu St. Michael noch nicht über jene klaren, geometrischen Proportionen, wie nach Bischof Bernwards Entwurf als Beginn einer explizit deutschen Romanik bekannt werden sollte. An das 21 m lange Mittelschiff des Doms schließt sich der Chor dem Querhaus an und öffnet sich zur halbrunden, überwölbten Apsis, die nach außen hin den Ostabschluss der Kirche bildet. Sowohl West- als auch Vierungsturm besitzen eine Höhe von 39 m.
Bekannter als für seine Architektur ist der Mariendom jedoch für seine kostbaren Kunstschätze, von denen sich heute einige im Dom, ein Großteil jedoch im Dommuseum befinden. Vor allem die unter Bischof Bernward entstandenen Bronzearbeiten gehören zu den bedeutendsten erhaltenen Kunstwerken des Mittelalters.
Das berühmteste Stück ist zweifelsohne die bereits mehrfach erwähnte Bernwardspforte am Westportal des Doms, die um 1050 gefertigt und nach ihrem Stifter benannt wurde. Das 4,72 m hohe Portal, dessen Flügel jeweils in einem Stück gegossen wurden, zählt zu den höchsten Bronzeportalen in Mitteleuropa. 16 Reliefs, gegliedert in jeweils vier Kompartimente, zeigen in absteigender Leserichtung eine Gegenüberstellung alt- und neutestamentarischer Szenen; so stehen sich darin unter anderem die Figuren Evas und Marias gegenüber. Der linke Flügel zeigt die Erschaffung des Menschen sowie den Sündenfall und schließt mit dem Brudermord von Kain an Abel. Der rechte Flügel antwortet in umgekehrter Leserichtung mit einem heilsgeschichtlichen Zyklus von der Verkündung an Maria und endet oben mit dem Bildnis des auferstandenen Christus als “neuer Adam“, der die Schuld der ersten Menschen gesühnt und den Tod überwunden hat. Zwei Löwenköpfe an der ursprünglich nach außen gelagerten Tür dienten als Knaufe und sollten den Kirchenraum symbolisch vor Angriffen schützen.
Ein zweiter, bedeutender Bronzeguss ist die Christussäule, welche auf 1020 datiert wird und ursprünglich nicht für den Dom, sondern für den Ostchor von St. Michael angefertigt worden war. Dort stand sie bis zum 18. Jahrhundert, als sie seinerzeit dem Schmelzofen zum Opfer fallen sollte und von einigen Bürgern gerettet und im Dom aufgestellt wurde. Das spiralig aufsteigende Reliefband, welches die Säule umzieht, zeigt 24 Szenen aus dem Leben von Christus. Das erste Bildfeld zeigt die Taufe im Jordan, darauf folgen die Darstellungen der Wundertaten und im abschließenden Bildfeld ist der Einzug nach Jerusalem zu sehen. An der Basis der Säule sind vier kniende Verkörperungen der Paradiesflüsse zu sehen, die Wasser aus Urnen in die vier Himmelsrichtungen ausgießen. Ein Kreuz, welches ursprüngliche das Säulenkapitell zierte, wurde im 16. Jahrhundert eingeschmolzen; die heutige Bekrönung stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Der Heziloleuchter aus dem 11. Jahrhundert ist mit einem Durchmesser von über 6 m der größte von vier im deutschsprachigen Raum erhaltenen Radleuchtern. Der Leuchter symbolisierte die endzeitliche Vision des “Himmlischen Jerusalems“ - der aus dem Himmel herabkommenden heiligen Stadt mit ihren 12 Toren. Insgesamt 72 Kerzen konnten ursprünglich auf dem Leuchter angezündet werden, heute wird das offene Feuer jedoch durch eine elektrische Kerzenbeleuchtung ersetzt. Die dunkel angestrichene Tragkonstruktion zudem den Anschein, als würde der Leuchter tatsächlich ohne Aufhängung herabschweben. Während des 2. Weltkriegs wurde der Heziloleuchter abgenommen, zerteilt und verwahrt und überstand dadurch unbeschadet die Zerstörung des Doms. 1960 wurde er wieder an seinem ursprünglichen Platz in über dem Vierungsaltar aufgehängt.
Etwa um 1220 entstand das eherne Taufbecken, welches sich bis ins 17. Jahrhundert im Westteil des Mittelschiffs befand und 1653 in die Georgskapelle im nördlichen Seitenschiff versetzt wurde. Vier von Säulen und Medaillons begrenzte Reliefszenen gliedern den Kessel; die Szenen zeigen die Taufe Jesu, die Teilung des Roten Meers durch Moses, den Transport der Bundeslade über den Jordan und ein Bild des Stifters Wilbernus, der zu Füßen der Gottesmutter Maria kniet. Auf dem Deckel sind ebenfalls der Bethlehemitische Kindermord, Christus und die reuige Sünderin, die Werke der Barmherzigkeit und der blühende Stab Aarons in vier Reliefszenen zu sehen. Getragen wird der Kessel von vier knienden Figuren, welche die Paradiesflüsse Euphrat, Tigris, Phison und Geon symbolisieren.
Unter der Altarplatte des Hochaltars befindet sich der im 12. Jahrhundert entstandene Epiphaniusschrein, der Schrein der Dompatrone. Auf der Schmalseite wurden sechs Heilige dargestellt, während auf den Längsseiten die Gleichnisse von den klugen und den törichten Jungfrauen einerseits und von den Talenten andererseits zu sehen sind. Am rechten Pfeiler vor dem Aufgang zum Hochaltar befindet sich die etwa um 1430 entstandene Tintenfassmadonna, eine 1, 80 m hohe Standfigur der Muttergottes mit gotischem S-Schwung. In der rechten Hand hält sie ein Tintenfass, während sie auf ihrem linken Arm das nackte Jesuskind trägt. Das Jesuskind mit Federkiel, das auf eine Pergamentrolle schreiben zu wollen scheint, stellt ein seltenes Motiv dar, das über keinen biblischen Bezug verfügt und stattdessen vermutlich auf die schon in Kinderjahren evidente Weisheit Christi anspielt.
In der Krypta des Mariendoms, die heute vorrangig als Sakramentskapelle dient, ruhen die Reliquien des heiligen Bischofs Godehard in einem goldenen Schrein. Im Domschatzmuseum befinden sich zudem weitere Stücke wie die seidene Bernwardskasel, die Große Goldene Madonna, das Große Bernwardskreuz sowie das Silberne Bernwardskreuz und der Silberne Bernwardsleuchter.

Geschichte der Klosterkirche St. Michael

Unmittelbar nach seiner Romreise um 1015 gründete Bischof Bernward im Nord-Westen Hildesheims das Benediktinerkloster St. Michael. Bernward hatte von Kaiser Otto III. ein kostbares Reliquiengeschenk, vier Splitter aus dem Kreuz Christi, erhalten und ließ eigens zu deren Aufbewahrung die Klosterkirche St. Michael errichtet. Die Klosterkirche wird häufig als “Gottesburg“ bezeichnet, da sie mit ihren massiven Mauern und den wehrhaften Türmen tatsächlich ein wenig an eine Burg erinnert. Vermutlich hatte sich Bernward bei ihrem Entwurf tatsächlich von der hochmittelalterlichen Burgarchitektur inspirieren lassen. Dieses architektonische Zitat spielte jedoch wahrscheinlich eher auf die Idee einer gefestigten und bewehrten “Gottesstadt“ an. St. Michael wird oftmals als Verkörperung der “vollkommenen Stadt auf dem Berg“ und der “Wohnung Gottes mit dem Menschen“ gedeutet.

Die Klosterkirche illustrierte jedoch nicht nur die überlieferten Vorstellungen einer ewigen, paradiesischen Stadt, sondern diente zudem – in einer Zeit des Wetteiferns von Kaisern und Kirche um Einfluss - als ein explizit weltliches und politisches Symbol des klerikalen Machtanspruches.

Bernward verfolgte den Bau der Michaeliskirche mit unvergleichlichem Enthusiasmus und die Finanzierung des Baus beanspruchte nahezu seinen gesamten, persönlichen Besitz. Er entwarf selbst den Grundriss der Architektur und zeichnete auch maßgeblich für die Innenausstattung der Klosterkirche verantwortlich – von der Materialauswahl über die Gestaltung der Säulenkapitelle bis hin zum typisch romanischen, rot- weißen Farbwechsel bedachte Bernward selbst die kleinsten Details. Im Quadrat der beiden Vierungstürme erfährt die Klosterkirche ihre zentrale, architektonische Bündelung – hier durchdringen sich Langhaus und Querhaus, wodurch das Vierungsquadrat zur ordnenden Einheit des Baus wird. Auch die Engelchöre im Querhaus gehen auf die Entwürfe Bernwards zurück.

Die Anzahl der Arkaden, auf denen die Mönche einst auf verschiedenen Ebenen ihre Messen lesen konnten, verdoppeln sich im jeweils nächsten Geschoss.
Kurz vor seinem Tod weihte Bernward im Jahr 1022 die damals noch unvollendete Klosterkirche. Er bestimmte die Westkrypta zu seiner Grablege und gab dem Bau den Namen des “die Toten geleitenden“ Erzengels Michaels. Zudem vermachte er dem Kloster seine Eigenkirche in Burgstemmen. Erst Bischof Godehard konnte im Jahr 1033 die vollendete Klosterkirche weihen. Während eines Brands am Ende des 12. Jahrhunderts wurde St. Michael an mehreren Stellen beschädigt und 1186 nach einem anschließenden Umbau und der Erneuerung eines Großteils der Langhaussäulen von Bischof Adelog erneut geweiht.

Nach Bernwards Heiligsprechung im Jahr 1192 und der damit verbundenen Verehrung des einstigen Stifters entstanden neue prächtige Kunstwerke, unter anderem die Stuckreliefs der Engelschorschranken am Eingang der Krypta. Zwischen 1200 und 1230 wurden die Ausschmückungsarbeiten mit der Vollendung des Deckenbildes abgeschlossen, etwa um 1250 errichtete man den Kreuzgang, der die Kirche mit der Abtei verband.
Im Zuge der Reformation wurde Hildesheim und auch die Michaeliskirche evangelisch- lutherisch; die Krypta ist nichtsdestotrotz bis heute katholisch geblieben. Bis zur Säkularisation im Jahr 1803 durften die “kleine Michaeliskirche“ im Kreuzgang und die Bernwardskrypta von den Benediktinermönchen genutzt werden.
Während des 2. Weltkriegs wurde die Klosterkirche fast vollständig zerstört, durch eine vorsorgliche Auslagerung konnte jedoch das Deckengemälde mit dem Stammbaum Christi gerettet werden. Schon in den 1950er Jahren konnte die Klosterkirche wieder aufgebaut werden. Von dem Kloster ist lediglich der Kreuzgang übrig geblieben.
1985 erfolgte die Aufnahme der Michaeliskirche und des Hildesheimer Doms mit seinem Domschatz in das Weltkulturerbe der UNESCO.

Beschreibung der Klosterkirche St. Michael

Die Klosterkirche St. Michael befindet sich auf dem so genannten Michaelishügel am westlichen Stadtrand von Hildesheim. Das Langhaus wird über das Hauptportal an der Südseite betreten und hinter der Kirche schließt sich der einstige Klostergarten an. Über den Kreuzgang erreicht man heute die anliegenden Kirchenverwaltungsgebäude.
St. Michael gilt als eine der bedeutendsten erhaltenen Kirchen von frühromanischer, ottonischer Architektur. Das Langhaus der doppelchorigen Basilika wird von zwei Querhäusern durchdrungen. Die beiden Vierungsquadraten werden von zwei Vierungstürmen überdacht, die beiden Querhäuser werden an den Stirnseiten von vier kleineren, runden Treppentürmen flankiert.
Die Michaeliskirche zeichnet sich vor allem durch den von Bischof Bernward konzipierten, streng geometrischen und symmetrischen Grundriss aus: Das Vierungsquadrat diente demzufolge als absolute Maßeinheit für die Proportionen des gesamten Bauwerks. Der kubischen Ordnung zufolge stehen sich Ost- und Westflügel symmetrisch gegenüber und auch die Gruppe von Apsis und Querhaus spiegelt sich im gegenüber liegenden Teil der Kirche. Das Vierungsquadrat wurde in den vier Querhausarmen je einmal, im Mittelschiff dreimal und im Westchor zwischen Querhaus und Apsis ein weiteres Mal zitiert. Die Arkaden des Langhauses ließ Bernward im so genannten niedersächsischen Stützenwechsel bauen: Vier Eckpfeiler wechseln sich mit paarweise gekoppelten Rundstützen ab. Ein schmales Gesims trennt die Arkaden von der Hochwand, wodurch mehrere Ebenen des Lichteinfalls ermöglicht wurden: Durch die Rundbogenfenster der Hochmauern fällt das Licht steil ins Mittelschiff, während die in der Gotik eingefügten Spitzbogenfenster vorrangig die Seitenschiffe mit Licht versorgen. Während die Seitenschiffe mit Steingewölbedächern versehen wurden, überdachte man das dreischiffige, dreijochige Langhaus im Mittelschiff mit einer knapp 30 m langen und 9 m breiten Holzdecke, die im frühen 13. Jahrhundert aufwändig dekoriert wurde. Neben dem Deckengemälde in Zillis in Graubünden ist es das einzige, bis heute erhalten gebliebene monumentale Tafelgemälde des Hochmittelalters. Auf 1300 bemalten Eichenpaneelen zeigt das Gemälde die “Wurzel Jesse,“ das Motiv des Stammbaums Christi. Es ist in acht mittige Hauptfelder unterteilt, welche von je zwei Figuren, meist Propheten, flankiert werden. Die Hauptfelder zeigen Paradies und Sündenfall, den Jesse- Baum, David sowie weitere Könige Israels und auf dem siebten Feld schließlich Maria. Bei einem Einsturz des Vierungsturms um 1650 wurde das achte Feld zerstört und erst 1960 durch ein Bildnis Christi als Weltenrichter ersetzt. Neben dem Deckengemälde besticht St. Michael zudem durch die Klarheit des rot-weißen Farbwechsels sowie seiner dekorativen Reliefs und Stuckaturen, wie sie unter anderem an der nördlichen Chorschranke zu sehen sind und seinerzeit in Niedersachsen weit verbreitet waren.
Die äußere Erscheinung der Michaeliskirche wirkt aufgrund der Anordnung vertikaler und horizontaler Bauteile wohl proportioniert: Der Wechsel aus Turmgruppen und flacheren Elementen wie dem Mittelschiff und den Querhäusern verleihen der Silhouette des Bauwerks eine ebenmäßige, harmonische Wirkung. Ihre statische Geschlossenheit verdankt die Basilika den Treppentürmen an Ost- und Westchor sowie den würfelförmigen Zentraltürmen mit ihren Pyramidendächern.
Es wird vermutet, dass die klar strukturierte architektonische Konzeption der Michaeliskirche auf die Maßangaben des Tempels im alttestamentarischen Buch Ezechiel zurückgeht oder auf den in der Offenbarung des Johannes beschriebenen Grundriss der “Gottesstadt“ anspielt - eine direkte architektonische Vorlage existierte dagegen nicht. Die einzigartige Verbindung von geometrischer Klarheit, massiven Raumgefügen und schlichtem Dekor verleihen der Michaeliskirche ihre archaische Erscheinung. In Bezug auf die Massivität der “Gottesburg“ lassen sich ebenfalls Bezüge zu den alttestamentarischen Schriften herstellen: So wird beispielsweise im Buch Jesaja die Stadt Gottes als wehrhaft und gegen das Dunkle und Böse gesichert beschrieben, die Namensgebung St. Michaels nach dem Drachenbezwinger Michael stützt diese These.
Mit der Michaeliskirche war Bischof Bernward eine stilistische Emanzipation von antiken, frühchristlichen und byzantinischen Stilistiken gelungen und seine Neuerungen, die noch weit über jene der Karolinger hinausgingen, stellten eine absolute Innovation unter den romanischen Kirchen dar.
Während des Wiederaufbaus der Michaeliskirche in den 1950er Jahren schuf Charles Crodel fünf große, farbige Chorfenster, welche die mittelalterliche Kunst der Buch- und Glasmalerei zitieren und den heutigen Gesamteindruck der Kirche maßgeblich beeinflussen. Die farbige Gestaltung der Glasmalerei unterstreicht vor allem die Rundung der Apsis und betont die Höhe des Chores gegenüber dem Kirchenschiff.

Nutzung, Größe

Der Hildesheimer Mariendom verfügt über eine Länge von 75 m und eine Breite von 31 m. Das Mittelschiff ist 21 m, die Vierungstürme 39 m hoch. Im Innern ist das Mittelschiff 9 m breit und 15 m hoch, während die Seitenschiffe je 4,50 breit m und 7,50 m hoch sind.

St. Michael verfügt über eine Länge von 74,75 m und eine Breite von 22,75 m. Die beiden Querhäuser sind je 40,01 m lang und 11,38 m breit. Die Krypta misst eine Länge von 18,36 m. Das Mittelschiff zwischen den Querhäusern ist 27,34 m lang, zwischen den Arkaden 8,60 m breit und 16,70 m hoch. Das Mauerwerk besitzt eine Stärke von 1,63 m.

Des Weiteren werden auch thematische Führungen wie beispielsweise zur Architektur der Romanik angeboten, die ebenfalls bei der Hildesheimer tourist information erfragt und gebucht werden können. Es stehen außerdem spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche oder ein Wochenend- Pauschalangebot zur Verfügung.
Im Dom und in der Michaeliskirche finden regelmäßig Konzerte statt. Mit 4 Manualen und Pedal über 66 Registern ist die Domorgel die größte Orgel in der Hildesheimer Region.

Besonderheiten

Im Jahr 1985 wurde der Dom Mariä Himmelfahrt mit Domschatz und 1000-jährigem Rosenstock sowie die Klosterkirche St. Michael zu Hildesheim in die UNESCO- Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Während St. Michael von der UNESCO als ein Höhepunkt der romanischen Architektur und einzigartiges Zeugnis europäischer Baukunst jener Epoche bezeichnet wurde, fand der Dom Mariä Himmelfahrt insbesondere wegen seiner kostbaren Kunstschätze wie der Bronzegüsse aus der Bernwardinischen Epoche, Einzug in die Weltkulturerbeliste.

Baumeister

Bischof Bernward gehörte zu den bedeutendsten Gestalten der deutschen Geschichte um die Jahrtausendwende. Er prägte das Zeitalter der Ottonen als Bischof, Politiker, Erzieher, Lehrer sowie als Förderer der Kunst entscheidend mit. Bernward wurde um 960 aus sächsischem Hochadel geboren und um 965 in die Hildesheimer Domschule aufgenommen. Ab 977 war er als Verfasser und Schreiber von Herrscherurkunden am Hof Kaiser Ottos II. tätig und zog in dessen Gefolge zwischen 980 und 983 nach Italien. Zwischen 987 und 993 erzog er König Otto III. und Papst Silvester II.

Im Jahr 993 wurde er als Bischof nach Hildesheim berufen. Während seiner Amtszeit als Bischof nahm er an mehreren königlichen Kämpfen und Kriegszügen teil und bereiste in seiner Funktion als Diplomat ganz Europa. Um 1015 ließ er den Grundstein für die eigens von ihm entworfene Michaeliskirche in Hildesheim legen, die er ganz aus seinem persönlichen Besitz finanzierte. Des Weiteren förderte er in seinem Bistum vor allem das Bronzegusshandwerk und stiftete dem Dom zahlreiche Kunstobjekte von hoher Qualität. Einen Monat nach der provisorischen Weihe der noch unvollendeten Klosterkirche verstarb Bischof Bernward am 29. September 1022 im Kloster St. Michael. Bernward wurde in der Krypta der Michaeliskirche beigesetzt und im Jahr 1192 durch Papst Coelestin III. in Rom heilig gesprochen.

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