Die Grube Messel im hessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg besitzt eine bewegte Geschichte von rund 350 Millionen Jahren – darauf lassen zumindest die Gesteinsschichten des dort vorkommenden Ölschiefers sowie die zahlreiche Fülle an Fossilien schließen. Nach einer Jahrtausende andauernden Entwicklung vom Maarvulkan über einen Moorkrater bis hin zum Trockenmaar entdeckte man letzendlich im 19. Jahrhundert die nützlichen Seiten des dabei entstandenen Ölschiefers und errichtete in der Grube Messel einen Tagebau zur Gewinnung des Rohstoffs.
Nach der Stillegung des Tagebaus im Jahr 1971 sollte die Grube Messel als Mülldeponie dienen, woraufhin große Proteste von Seiten der Wissenschaft und des Naturschutzes laut wurden. So wurde die Grube Messel stattdessen im Jahr 1995 als erstes Weltnaturerbe Deutschlands in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Am 26. Juni 2009 kam übrigens das Wattenmeer an der Nordseeküste als zweites deutsches Weltnaturerbe auf die Liste der UNESCO-Welterbestätten.
Standort | Messel im Landkreis Darmstadt-Dieburg (Hessen) (Hessen) |
---|---|
Besonderheiten | Das erste Welt-Naturerbe der UNESCO in Deutschland. |
Nutzung | 1875-1971: Ölschiefer-Tagebau; seit den 1990er Jahren als Naturdenkmal touristisch erschlossen. Seit 1995 Weltnaturerbe |
Größe | Die heutige Grube Messel besitzt eine Ausdehnung von rund 800 m Durchmesser bei einer Tiefe von etwa 130 m |
Infos/Öffnungszeiten | Welterbe Grube Messel gGmbh, Führungen: samstags und sonntags um 13:30 Uhr und 15:00 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung. Tel. 0049 - (0)6159 - 717 535 |
Geschichte der Grube
Vor 350 Millionen Jahren lag die Region um die heutige Grube Messel wahrscheinlich noch in einem Ozeangebiet mit vulkanischen Inseln und einem para-tropischen Klima. Die geologische Forschung und verschiedene Gesteinsfunde im Odenwald lassen darauf schließen, dass jene Insel, zu der das Gebiet um Messel herum einst gehörte, von kollidierenden Festlandplatten zusammengepresst wurde und sich als Teil des Gebirges tief unter dem Odenwald abgelagert hatte.
In den darauf folgenden 100 Millionen Jahren stieg vermutlich geschmolzenes Gestein aus dem Erdmantel auf. Das so genannte Tiefengestein erstarrte jedoch ohne auszufließen im Gebirge als Granit oder Granodiorit. Diese Vorgänge fanden offenbar in unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Insel-Gesteins statt, welches durch die hohe Hitze stellenweise in Amphibolitgestein umgewandelt und gehoben wurde. Schließlich gelangte das Amphibolitgestein wieder an die Erdoberfläche, wo die Witterung darauf einwirken konnte und das Gestein als Schutt abgetragen wurde. Diese Schuttmassen lagerten sich in Senken ab; die Verfestigung dieser Schuttmassen brachte unter anderem in der Permzeit den roten Naturstein hervor. In der Tertiärzeit vor ca. 60 Millionen Jahren bewegte sich das Gebiet offenbar aus der Lage des heutigen Siziliens weiter nach Norden in einen tropischen Klimagürtel. Das im Süden aufsteigende Alpengebirge übte seinerzeit einen gewaltigen Druck auf seine Umgebung aus, wodurch mehrfach Risse und Spannungen entstanden. Dabei bildete sich vor ungefähr 47 Millionen Jahren im heutigen Raum Italiens ein Maar, der durch den Kontinentaldrift schließlich in das Messeler Gebiet gelangte. Bei diesem besonderen Vulkantyp stieg aus ca. 60 km Tiefe Gesteinsschmelze in einer Temperatur von ca. 1.000° Celsius auf. Bei deren Kontakt mit dem Grundwasser oder der kalten Oberfläche entstanden Schockwellen, welche die umliegenden Gesteinspakete in winzige Fragmente zerfetzten und weiter entfernte Gebirgsteile in Blöcke und Schollen zerlegten. Eine Vielzahl von Wasserdampfexplosionen führte schließlich zum Maarausbruch, bei dem die Gesteinsfragmente herauskatapultiert und im Umfeld verteilt wurden. Folglich bildete sich ein Krater, der sich zunächst mit Regenwasser füllte. Durch weitere witterungsbedingte Abtragungen der Schuttmassen am Kraterrand, setzte sich am Boden des Sees Faulschlamm ab und bildete so das vorübergehende Moorstadium der Grube. Da kein weiteres Frischwasser in den Krater floss und darin akuter Sauerstoffmangel herrschte, konnte sich eine außergewöhnlich hohe Zahl an Körpern und Skeletten in sehr begrenzten Zersetzungsstadien erhalten. Neben den hervorragend erhaltenen Fossilien von Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Fischen konnten in der Grube Messel auch zahlreiche Pflanzenarten wie die Messel-Seerose und das Aronstabgewächs gefunden werden.
Durch die schnelle Überdeckung mit Algenmaterial wurde der Faulschlamm mit der Zeit entwässert und verfestigte sich, bis er im Trockenmaarstadium zu Schwarzpelit wurde. Die Bergleute gaben dem Rohstoff schließlich den Namen Ölschiefer.
Seit dem späten 19. Jahrhundert versuchte man im Gebiet Messel Steinkohle und Eisenerz zu finden. Um 1873 machte man Funde, die zunächst auf Braunkohle hinwiesen. Daraufhin erwarb die Aktiengesellschaft "Eisenhüttenwerk Michelstadt" im Jahr 1875 die Abbaulizenz für die Grube Messel. Tatsächlich fand man Ölschiefer – schlecht brennbar, mit hohem Aschegehalt und einem extrem unangenehmen Geruch. Nachdem alle Versuche, die “Schieferkohle“ als Brennstoff zu verwerten, fehlgeschlagen waren, verkaufte die Aktiengesellschaft 1883 ihre beiden Grubenfelder an den Frankfurter Bankier Cäsar Straus, der beabsichtigte, die in der "Schieferkohle" enthaltenen Mineralöle und Paraffine zu vermarkten. 1884 gründete er die Gewerkschaft Messel und im darauf folgenden Jahr entstand die erste Fabrikanlage zur Braunkohle-Theer-Schwelerei und Theerdestillation. Bereits 1886 wurde die Anlage in Betrieb genommen und im Jahr 1891 schrieb das Unternehmen schließlich schwarze Zahlen. Der wirtschaftliche Aufschwung setzte sich durch technische Weiterentwicklungen auch im frühen 20. Jahrhundert fort, die Abbaumethoden wurden effizienter und das Abbaugebiet erweitert, wodurch die Rohmaterialbasis verbessert wurde. Im ersten Weltkrieg wurde das Unternehmen zunächst kaum beeinträchtigt, da aufgrund der Übersee-Blockaden das heimisch produzierte Öl ernorm wichtig wurde und die Gewerkschaft ohne Rohstoffe oder Energielieferungen von außen auskam. Nur in den letzten Kriegsjahre kämpfte das Unternehmen mit dem Mangel an Betriebsmaterialien. Im Jahr 1920 produzierte die Gewerkschaft Messel 37% der gesamten deutschen Erdölförderung, wobei diese Menge nur 2% des jährlichen Mineralölverbrauchs in Deutschland decken konnte. Die Inflation der Nachkriegsjahre hatte die einst erzielten Gewinne jedoch stark reduziert. Die Gewerkschaft beschloss den Anschluss an ein größeres Unternehmen und so erfolgte 1923 die Übernahme der Gewerkschaft Messel durch die Riebeck'schen Montanwerken. Nach dem Tod des Hauptaktionärs Hugo Stinnes im Jahr 1924 erfolgte 1925 die Übernahme der Gewerkschaft Messe durch die BASF, die sich seinerzeit mit den Farbwerken Bayer, Hoechst Frankfurt und einigen weiteren Unternehmen zur I.G. Farbenindustrie AG zusammen schloss – ein Zusammenschluss, der Messel endlich das Kapital für die notwendigen Sanierungen einbrachte.
Zwischen 1935 und 1941 wurde die Förderung durch neue Anschaffungen weiter gesteigert, neue Bagger und Öfen steigerten die Förderung bis 1943 auf jährlich über 20.000 t Ölschiefer. Am 24. und 25. März 1945 wurde das Werk jedoch gezielt ausgebombt und im Juli 1945 von den US-amerikanischen Besatzungstruppen beschlagnahmt. 1948 begann der Wiederaufbau mit Hilfe eines Kredites von rund 1 Million DM aus dem europäischen Wiederaufbauprogramm. Nach dem Krieg begann das Erdöl zunehmend das Schieferöl vom Markt zu verdrängen, so dass man sich in Messel neben dem Ölschieferabbau nun auch auf die Produktion von Baustoffen konzentrierte. Das Material der Rückstandshalden entpuppte sich als hervorragender Baustofflieferant und mit dem 1949 geschlossenen Vertrag mit der schwedischen Baufirma Ytong begann ein neues Erfolgskapitel in der Geschichte der Grube Messel. Das Material aus Messel erwies sich als sehr gut geeignet zur Herstellung der Ytong-Steine und zwischen 1951 und 1952 errichtete man in Messel eine Ytong-Fabrik, die in den 1950er Jahren steil ansteigende Gewinne erzielte.
1954 übergab die US-Regierung das einst beschlagnahmte Werk wieder an die deutsche Leitung und mit dem wieder erhaltenen Vermögen des Riebeck’schen Konzerns wurde die Paraffin- und Mineralölwerk Messel GmbH gegründet. Die Freude über das zurückgewonnene Unternehmen hielt jedoch nicht lange an: Die steigende Konkurrenz durch das preiswertere Erdöl machte das Mineralölwerk zunehmend unrentabel und führte schon 1962 zu dessen Stilllegung. 1959 wurde die Grube Messel in die Ytong-AG eingegliedert.
Im Jahr 1967 begannen die Gespräche zwischen der Ytong-AG und dem Bergamt Weilburg über eine Stilllegung des immer unrentabler werdenden Tagebaus. Am 18. Dezember 1971 wurde der Tagebau in der Grube Messel schließlich eingestellt. Seinerzeit wiesen bereits erste wissenschaftliche Grabungen auf den wertvollen Fossilienschatz der Grube hin. Nichtsdestotrotz plante man zunächst die Errichtung einer Mülldeponie in der Grube. Zahlreiche Proteste von Wissenschaftlern und aus der Bevölkerung sowie ein drastisch gesunkenes Müllaufkommen führten jedoch 1990 dazu, dass diese Pläne aufgegeben wurden und die Grube Messel stattdessen in ihrer Bedeutung als eine der bedeutendsten Fossilienfundstätten Deutschlands gepflegt wurde.
Beschreibung der Grube
Die heutige Grube Messel hat eine Ausdehnung von rund 800 m Durchmesser und einer Tiefe von etwa 130 m. Vor etwa 47 Millionen Jahren reichte der Krater nach den Auswirkungen der Maarexplosionen jedoch fast 2000 m weit in die Tiefe. Der Erhaltungszustand der Messeler Fossilien ist herausragend. Es finden sich teilweise sogar Weichteilabdrücke, Mageninhalte und Flügel von Insekten mitsamt deren ursprünglicher Farbgebung. Die Konservierung der Fossilien ist allerdings problematisch: Das tragende Material, der Tonstein, hat einen etwa 40-prozentigen Wasseranteil - trocknet der Tonstein aus, so zerreißt er und zerkrümelt. In den 1960er Jahren entwickelte man jedoch ein Verfahren, durch welches die Fossilien auf Kunstharz umgebettet werden und damit dauerhaft konserviert werden konnten.
Nutzung, Größe
In Messel bietet sich dem Besucher ein umfassender und vielfältiger Einblick in die Geschichte der Grube Messel. So bietet das Fossilien- und Heimatmuseum Messel eine moderne Ausstellung, die sowohl die Bergbaugeschichte veranschaulicht als auch originale Fossilien präsentiert. Die Grube selbst wird von der Welterbe Grube Messel gGmbH betrieben. Ein Besucher- und Informationszentrum sowie die Aussichtsplattform auf dem Grubengelände bieten dem Besucher die theoretischen und wissenschaftlichen Hintergründe. Die vier Themenschwerpunkte Klima, Evolution, Geodiversität sowie Landschaft und Maarvulkanismus werden hier in einzelnem Sektionen erläutert.
Samstags und sonntags finden jeweils um 13:30 Uhr und 15:00 Uhr ausgiebige Grubenspaziergänge statt, bei dem die Tier- und Pflanzenwelt des Eozäns genauer erforscht werden können. Die ca. einstündige Führung ist sowohl für kleinere Gruppen als auch für Einzelpersonen geeignet und kostet 7,- € pro Person. Es empfiehlt sich eine Anmeldung im Vorfeld, für geschlossene Gruppen können auch gesonderte Führungen vereinbart werden. Für den Grubenspaziergang ist festes Schuhwerk unbedingt erforderlich.
Anmeldungen können bei der Welterbe Messel gGmbh telefonsich unter 0049- (0)6159- 717 535 vorgenommen werden.
Das Kombi-Ticket “Plus Museum“ beinhaltet einen Besuch im Fossilien- und Heimatmuseum Messel im Anschluss an den Grubenspaziergang, das Kombi-Ticket “Plus Genuss“ beinhaltet nebst Grubenspaziergang und Museumsbesuch auch ein anschließendes Buffet im nahe gelegenen Gutshof Thomashütte.
Für Kinder und Jugendliche bietet die Welterbe Grube Messel gGmbH Ferien- oder Geburtstagsexpeditionen, bei denen die jungen Besucher kleinere Experimente durchführen können und auf anschauliche Weise an die 47 Millionen Jahre andauernde Entwicklung der Grube Messel herangeführt werden. Umweltpädagogische Spiele runden das Angebot ab und Geburtstagskinder erhalten ein kleines Präsent zur Erinnerung. Die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Grube Messel in Sonderführungen präsentiert. Informationen erteilt die Welterbe Grube Messel gGmbH telefonisch unter 0049- (0)6159- 717 535
Des Weiteren stellt das Landesmuseum Darmstadt in der geologischen Abteilung Fossilienfunde aus Messel aus, darunter die Rekonstruktionen des in Messel gefundenen pferdeartigen Propalaeotherium.
Man erreicht die Grube Messel von Frankfurt kommend über die A5 in Richtung Langen. Man passiert Langen weiter in Richtung Offenthal, wo man der Abzweigung nach rechts Richtung Messel folgt und Messel rechts passiert. Die Grube Messel ist dort ausgeschildert. Von Wiesbaden kommend schlägt man am Darmstädter Kreuz die Richtung Darmstadt Stadtmitte ein. Von dort aus orientiert man sich weiter in Richtung Aschaffenburg – Dieburg. Von der Alten Dieburger Straße folgt man der Oberwaldhaus oder Kranichsteiner Straße über Kranichstein und erreicht schließlich Messel. In Messel folgt an der Ausschilderung zur Grube.
Besonderheiten
Im Jahr 1995 nahm die UNESCO die Grube Messel in die Liste des Weltkulturerbes der Menschheit auf. Die Grube Messel ist damit die erste Naturerbestätte der Unesco in Deutschland.
Neuen Kommentar hinzufügen