Natürliche Strahlenbelastung

Einleitung
Die natürliche Strahlenexposition (Strahlenbelastung) ist die Strahlenexposition des Menschen, die aus natürlichen Strahlenquellen, die ionisierende Strahlung emittieren, herrührt. Sie wird als effektive Äquivalentdosis u.a. in Sievert (Sv) oder Millisievert (mSv) angegeben. Diese Maßeinheit für die biologische Wirkung von ionisierender Strahlung ist keine physikalische Größe, sondern beschreibt über eine Reihe von Faktoren die Wirkungen dieser Strahlung auf den menschlichen Organismus.
In der Einheit des Sievert sind daher die Energie, die Art der Strahlung sowie ihre physikalische Wechselwirkung mit Materie, die in Gray angegeben werden, bereits enthalten.

Die gesamte natürliche Strahlenexposition setzt sich aus der aus dem Weltall kommenden (kosmischen) Strahlung, der in den Körper aufgenommenen (inkorporierten) Strahlung sowie aus der aus der Erdrinde stammenden (terrestrischen) Strahlung zusammen. Dabei beträgt der Anteil der kosmischen Strahlenbelastung pro Jahr etwa 0,3 mSv, der terrestrische jährliche Anteil rund 0,5 mSv und der inkorporierte Anteil ohne Radon rund 0,3 mSv pro Jahr, der des Radons beträgt rund 1,1 mSv pro Jahr.
Zusammen führt das in der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz, in Österreich sowie den allermeisten Ländern der Erde zu einer mittleren natürlichen Strahlenexposition, auf Meereshöhe (NN) gemessen - bei einer Streubreite von rund 1 mSv nach oben und unten - , von rund:

2,2 Millisievert/a (1mSv = 0,001 Sv) = 0,25 μSv/h

Es sei aber darauf hingewiesen, dass es überall dort, wo es größere Vorkommen an Uranerzen oder anderen strahlenden Substanzen in der Erde gibt, zu höheren Strahlenbelastungen auf Grund der erhöhten terrestrischen Strahlung kommt. Im Folgenden sollen die Anteile, aus denen sich die natürliche Strahlenbelastung insgesamt zusammensetzt, näher diskutiert werden.

Höhenstrahlung (Kosmische Strahlung)
Es sei erwähnt, dass der Österreicher Victor Franz Hess(1883-1964) als Entdecker der Höhenstrahlung gilt, die er um das Jahr 1912 mit Hilfe von Höhen-Ballons entdeckte und intensiv erforschte. Für seine Entdeckung erhielt er im Jahr 1936, gemeinsam mit Carl David Anderson (1905-1991), der das Positron entdeckt hatte, den Nobelpreis für Physik. Wegen des Nationalsozialismus emigrierte er 1938 in die USA, erhielt dort im Jahr 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft und verstarb am 17. Dezember 1964 in New York.
Vor allem von der Sonne, aber auch aus dem Weltall, treffen vor allem energiereiche Protonen und Alphateilchen sowie in geringerer Menge Gammastrahlung auf die Lufthülle der Erde. In den oberen Schichten der Erdatmosphäre führt diese Strahlung zu Reaktionen mit den Molekülen der Lufthülle, so dass zu einer von Reihe von Kernreaktionen kommt. Aufgrund dieser Prozesse entstehen hier in größeren Höhen auch Neutronen, die zu einer Strahlenbelastung von ca. 0,3 mSv führen würden. Auf Meereshöhe ist der Anteil dieser Neutronen an der Strahlenexposition auf etwa 10% gesunken, in einer Höhe von 12 km (Flughöhe) beträgt er jedoch noch ca. 50% seiner ursprünglichen Stärke. Die Energie der Höhenstrahlung liegt in der Regel zwischen 10 MeV und 10 GeV (1 G = 1 Giga = 1 Milliarde).

Auf Meereshöhe besitzt die jährliche Strahlenbelastung, wie bereits erwähnt, im Mittel einen Wert von 0,3 mSv. Der Anteil der Neutronen an dieser Strahlung beträgt nur etwa 0,03 mSv pro Jahr, also rund ein Zehntel.
Von der Erdoberfläche aus gesehen wächst die kosmische Strahlenbelastung bis zu einer Höhe von etwa 25 km an, um dann wieder abzufallen. Eine besondere Rolle spielen allerdings die beiden Van Allen-Gürtel (innerer und äußerer), da in deren Bereichen eine extrem hohe Strahlenintensität herrscht. Auf diese Problematik soll an dieser Stelle aber nicht weiter eingegangen werden. Aber für die Raumfahrt spielen sie eine wichtige Rolle.
Diese Tatsache, dass die Strahlung mit der Höhe zunimmt, betrifft natürlich alle Passagiere von Flugzeugen sowie das fliegende Personal oder auch die Piloten von Militärjets.
Daher haben wir der Strahlenbelastung beim Fliegen ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie finden es unter Strahlenbelastung beim Fliegen.

Oh-my-God-Teilchen
Am 15. Oktober 1991 wurde mit einem Strahlendetektor der Universität von Utah ein extrem energiereiches Teilchen registriert. Das Teilchen - wahrscheinlich ein Proton - besaß die gigantische Energie von etwa 3,3·10 14 MeV.
Das ist eine Energie, die weit über der höchsten in Beschleunigern erzeugten liegt. Später wurden an anderen Messorten, so auch in Russland, Teilchen mit vergleichbaren Energien registriert.
Die Geschwindigkeit des Teilchen lag so nah an der Lichtgeschwindigkeit, dass bei einer "Reise" mit der Länge eines Lichtjahres (9,5·1012 km) ein Lichtteilchen (Photon) danach nur einen Vorsprung von 46 Nanometern (= 46·10 −9 m) gehabt hätte.
Die Quelle dieser Strahlung sind wahrscheinlich Radiogalaxien, Seyfertgalaxien oder Quasare. Unter Seyfertgalaxien versteht man Spiral- oder irreguläre Galaxien mit einem sehr hellen Kern.
Seinen Namen erhielt das Teilchen, da ein Physiker bei dessen Registrierung laut "Oh my God" ausgerufen haben soll.

Inkorporierte Radionuklide
Die in der Natur vorkommenden natürlichen Radionuklide, wie z.B. Kalium 40 sowie die Radionuklide der natürlichen Zerfallsreihen, insbesondere das Radon 222, werden in den Körper über die Atmung, das Trinkwasser und die Nahrung aufgenommen und führen zu einer von innen herrührenden Strahlenexposition von ca. 0,3 mSv pro Jahr. Rechnet man den Anteil der vom Radon und seinen Zerfallsprodukten herrührenden Strahlenbelastung von rund 1,1 mSv hinzu, so beträgt der Anteil der gesamten Strahlenbelastung durch die jährlich in den Körper aufgenommenen strahlenden Substanzen ca. 1,4 mSv.

Die neben dem Radon in den Körper aufgenommenen Radionuklide sind vor allem Kohlenstoff 14 (C 14), Kalium 40 (K 40) sowie das Rubidium 87 (Rb 87). Das Kalium 40 trägt etwa 0,18 mSv pro Jahr zur inneren Strahlenexposition des Menschen bei. Es sei erwähnt, dass sich das strahlende K 40 etwa zu 0,0117% in jeder Kaliumverbindung befindet, wobei der Mensch pro kg Körpergewicht ca. 2 g Kalium in seinem Organismus besitzt. Das Rb 87 nur ist dagegen nur mit etwa 0,006 mSv, also 6 Millionstel Sievert, pro Jahr beteiligt.
Ein erwachsener Mensch besitzt in seinem Körper strahlende Substanzen mit einer Aktivität zwischen 8.000 und 10.000 Becquerel. Diese Werte variieren verständlicherweise in Abhängigkeit vom Gewicht, dem Alter und vor allem dem Wohnort einer Person.

Terristrische Strahlung
Aufgrund der in der Erde vorkommenden natürlichen Radionuklide ist man in der Bundesrepublik im Mittel einer von außen einwirkenden Strahlenexposition von ca. 0,5 mSv pro Jahr ausgesetzt. Sie rührt im Wesentlichen von den Radionukliden der natürlichen Zerfallsreihen her. Die 3 natürlichen Zerfallsreihen sind:

  • Uran-Radium-Zerfallsreihe
    mit dem Ausgangsatom (präzise Nuklid) Uran 238, das über einem Alpha-Zerfall und einer Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren zerfällt. Innerhalb dieser Reihe entsteht auch das häufiger erwähnte Polonium 210. Das stabile "Endnuklid" dieser Reihe ist das Blei 206.
  • Uran-Actinium-Reihe
    mit dem Ausgangsnuklid U 235, das über einem Alpha-Zerfall mit einer Halbwertszeit von 0,7 Milliarden Jahren zerfällt Das stabile Endnuklid der Reihe ist das Blei 207.
  • Thorium-Reihe
    mit dem Ausgangsnuklid Thorium 232, das über einem Alpha-Zerfall mit einer Halbwertszeit von 14 Milliarden Jahren zerfällt. Das stabile Endnuklid der Reihe ist das Blei 208.

Daneben gibt es noch einige wenige Atome (Nuklide) mit sehr großen Halbwertszeiten, die als "Einsiedlernuklide" bezeichnet werden und die nicht Teil einer Zerfallsreihe sind und gleich in ein stabiles Nuklid zerfallen. Ein Beispiel dafür ist das K 40 mit einer Halbwertszeit von 1,25 Milliarden Jahren. Es zerfällt u. a. über einen Betaminus-Zerfall in das stabile Calcium 40.
Es sei darauf hingewiesen, dass der Wert der terrestrischen Strahlenbelastung in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffung stark schwanken kann. So ist er z. B. im Südschwarzwald, in den Uranabbaugebieten in Sachsen, in bestimmten Regionen Brasiliens oder in dem indischen Bundesstaat Kerala erhöht, dort wurden sogar Spitzenwerte von ca. 7 mSv pro Jahr gemessen.

Kalium
Das Kalium 40 führt neben der inneren Bestrahlung von 0,18 mSv pro Jahr zu einer externen, also äußeren, Strahlenexposition von 0,17 mSv pro Jahr. Aus diesem Grund sei das Zerfallsschema des K 40 kurz erläutert:
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 89% zerfällt es über einen Betaminus-Zerfall (β-) in das stabile Ca 40 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 11% über einen K-Einfang in das stabile Ar 40 (Ar=Argon). Die Halbwertszeit des K 40 beträgt 1,28 · 109 Jahre.

Messnetz des BfS
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) unterhält rund 1.800 Messstationen, die über die gesamte Bundesrepublik verteilt sind und jeweils die dortigen Ortsdosisleitungen der Gammastrahlung in μSv pro Stunde (μSv/h) automatisch messen. Dabei werden die über 24 Stunden gemittelten Werte angeben - bei besonderen Ereignissen auch häufiger. Es sei daran erinnert (s.oben), dass die jährliche Strahlenbelastung aus der terrestrischen und kosmischen Strahlung rund 0,8 mSv beträgt. Das würde einer Ortsdosisleitung von 0,09 μSv pro Stunde (μSv/h) entsprechen. Sollte es daher infolge irgendeines Unfalls zu einem Anstieg der Radioaktivuität in Deutschland kommen, würde dies von dem Messnetz sofort registriert werden und könnte zudem von jedem Bundesbürger verfolgt werden.

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